Namen & Neues

Protest gegen rechte Gewalt

Veröffentlicht am 09.01.2024 von Dominik Lenze

Der Weg vom U-Bahnhof Kaulsdorf-Nord zum Cecilienplatz ist wirklich kein Wohlfühl-Boulevard, erst recht nicht im nasskalten Januar: Böllerreste liegen in dem muffigen, dunklen Durchgang von den Gleisen zum Platz. Mehrfach soll es hier in den letzten Wochen rassistische Übergriffe gegeben haben, berichten linke Gruppen, die deshalb am vergangenen Samstag (6.1.) zu einer Kundgebung auf dem Cecilienplatz aufgerufen haben. Rund 100 Menschen haben sich versammelt. Doch auch kiezbekannte Neonazis ließen nicht lange auf sich warten. 

Drei Männer, zunächst vermummt, beäugten die Versammlung argwöhnisch und in bedrohlicher Pose. Einer filmte mit dem Handy, ein weiterer schoss mit einer Kamera Fotos von den Versammlungsteilnehmenden. Es handelte sich um Anhänger der Neonazi-Partei Der Dritte Weg: Larsen A., der Mann mit der Kamera, taucht seit mehreren Jahren auf Kundgebungen der militanten Kleinstpartei auf. Teilnehmende der Versammlung schirmten die Kundgebung mit einem Transparent ab. Kurz darauf wurde versucht, die Neonazis mit aufgespannten Regenschirmen abzudrängen.

Die Polizei trennte die Gruppen und verwies die drei Männer des Platzes. Wirklich Eindruck hat das offenbar nicht hinterlassen: Während ein Beamter die Personalien von Larsen A. aufnahm, fotografierte dieser wenige Meter daneben stehend weiter die Versammlung. Einem der Neonazis hat die Polizei Tierabwehrspray abgenommen.

Wer sich gegen Neonazis engagiert, würde wohl nur ungern auf der Speicherkarte von Aktivisten des Dritten Weg landen: Die Anhänger der Partei gelten als gewaltbereit. In Marzahn-Hellersdorf sind die Anhänger der Gruppe vor allem durch Einschüchterungsversuche und Störaktionen aufgefallen, zum Beispiel 2022. als sie bei einer Gedenkveranstaltung für Nguyễn Văn Tú gestört haben oder im vergangenen Jahr beim Queer Pride in Marzahn.

Auf der U-Bahnlinie U5, besonders an den Stationen Wuhletal, Kaulsdorf-Nord und Kienberg werden Menschen regelmäßig rassistisch bedroht und angegriffen, heißt es in dem Aufruf zur Kundgebung. Die Polizei konnte dies auf Tagesspiegel-Anfrage noch nicht bestätigen, geht dem aber nach, hieß es. Allerdings seien die Neonazis, die ungebetener Weise die Kundgebung besucht hatten, polizeibekannt, sagte ein Sprecher. Nach Angaben der Polizei seien zunächst sogar sechs Personen aus dem “rechten Spektrum” unterwegs zu der Kundgebung gewesen. Sie sollen zwischen  17 und 25 Jahren gewesen sein.

Kritik gab es am Vorgehen der Polizei vor Ort. Viele Teilnehmende der Kundgebung haben es als zu zögerlich gegenüber den Neonazis wahrgenommen. „Ich fand es empörend, dass die Polizei weder personell noch von der Motivation her in der Lage war, offenkundig mit Pfefferspray bewaffnete Neonazis ausreichend von der Kundgebung fernzuhalten und dieses auch zu kontrollieren und entsprechende Anzeigen zu schreiben“, sagt Bjoern Tielebein, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bezirk, der an diesem Tag auch vor Ort war. Die Sicherheit der Teilnehmenden bei An- und Abreise sei aus seiner Sicht nicht gewährleistet gewesen.