Sport

Veröffentlicht am 29.01.2019 von Ingo Salmen

Eine bizarre Debatte um die Frauensporthalle. Die Turnhalle im Freizeitforum, deren Angebote sich in erster Linie an Frauen richten, ein Herzensprojekt des früheren SPD-Bürgermeisters Stefan Komoß, ist nicht bei jedem beliebt. Besonders hat sich aber die AfD auf das Projekt eingeschossen, so wie sie auch sonst gegen alle Arten genderpolitischer Initiativen zu Felde zieht. Am Donnerstag versuchte sie es in der BVV mit einem Großangriff, in der Parlamentssprache: einer Großen Anfrage. Ihr Gegenstand war der Tätigkeitsbericht, eine Zwischenbilanz, die der Träger (der Verein für Sport und Jugendsozialarbeit, VSJ) und der Programmanbieter (Fit und Fun Marzahn, FFM) dem Bezirksamt Ende 2018 vorgelegt hatte. Es zeigte sich allersdings rasch, dass in einem zentralen Punkt weitgehende Einigkeit bestand: dass der nur in Stichpunkten abgefasste Bericht doch recht unzureichend sei.

Deshalb rückte plötzlich das großspurige Auftreten der AfD in den Mittelpunkt. Ihr Verordneter Manfred Bittner hatte die Anfrage erläutert. Sie sei „keine Kriegserklärung an Ihre Person“, sagte er zu Sportstadtrat Gordon Lemm (SPD), doch sie solle „wie auch die folgenden in den nächsten Monaten“ beweisen, „dass das Bezirksamt schlechte Arbeit macht“. Als Ursache machte Bittner die Geschätsverteilung innerhalb des Bezirksamts aus. AfD-Stadtrat Thomas Braun habe, obwohl verwaltungserfahren, nur den Auftrag erhalten, „eine Teestube zu leiten“, während Lemm mit Schule, Sport, Jugend und Familie vier große Bereiche abdecken müsse. „Das kann einer alleine nicht bearbeiten“, sagte Bittner. Er wertete auch das Ausscheiden von Wirtschaftsstadtrat Johannes Martin (CDU) Ende vergangenen Jahres als „ein Zeichen der Überlastung, der Überforderung“. Die Kritik an der Geschäftsverteilung angesichts des Stimmenanteils der AfD von 23 Prozent durchaus berechtigt und auch hier im Newsletter schon wiederholt geäußert worden. Neu war Bittners pauschales Urteil, das Bezirksamt mache deswegen schlechte Arbeit.

Das blieb nicht unwidersprochen. Lemm betonte, er habe bewusst seine Geschäftsbereiche kombinieren wollen und fühle sich damit auch nicht überlastet. Thomas Pfeifer von der CDU wies diese Unterstellung auch für seinen Parteifreund Martin zurück. Und BVV-Vorsteherin Kathrin Henkel tadelte zugleich die AfD und ihren Vize-Bürgermeister Braun. Sie hätte sich in Abwesenheit der Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) von ihm gewünscht, dass er das Wort ergreife, wenn dem Bezirksamt als Kollegialorgan schlechte Arbeit vorgeworfen werde, sagte die CDU-Politikerin. Doch Braun schwieg – und bekannte erst viel später in der Sitzung, als es ums Bürgeramt ging, auf Nachfrage von CDU-Fraktionschef Alexander J. Herrmann, dass er in den Büros schon „Rooibos, Pfefferminze und Hagebuttentee gerochen“ habe. An Bittner gerichtet sagte Henkel: „Ich würde mich freuen,  wenn Sie dafür sorgen würden, dass Ihre Ausschussvorsitzenden pünktlich zu Sitzungen erscheinen und auch die Protokolle pünktlich und leserlich abliefern.“ Das würde die Arbeit erheblich erleichtern.

Plötzlich gab sich der AfD-Politiker konziliant. Er habe gar nicht gesagt, dass das Bezirksamt schlechte Arbeit gemacht habe, behauptete er, es habe nur schlechte Arbeit bei der Geschäftsverteilung gemacht – das hatten nicht nur die versammelten Journalistinnen und Journalisten ganz anders gehört. Von Lemm forderte er indes, die Verwendung der Zuschüsse an die Frauensporthalle genau zu prüfen, was dieser auch für Ende dieses Jahres als „selbstverständlich“ ankündigte. Zuwendungen mit entsprechenden Berichtspflichten gebe es eben erst seit 2019, womit ein Leistungsvertrag auf Wunsch der BVV ersetzt worden sei. Ein bisschen mehr Beziehungspflege auf Landesebene wünschte sich Bittner auch von dem SPD-Stadtrat. „Wenn das so ein wichtiges Projekt der SPD ist, warum ist dann niemand im Senat in der Lage, uns 80.000 Euro zuzuschießen?“, fragte er – und zählte den Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Finanzsenator Matthias Kollatz und Sportsenator Andreas Geisel als entscheidende Sozialdemokraten in der Landesregierung auf. „Unser Haushalt ist derart knapp bemessen.“

Ein „merkwürdiges Demokratieverständnis“ offenbare Bittner damit, konterte Lemm, wenn er glaube, man müsse nur unter Sozialdemokraten miteinander reden und schon fließe mehr Geld. Entscheidend sei, was das Parlament beschließe, und dem gehöre doch auch die AfD an, betonte der Stadtrat. „Wenn Sie wollen, dass das Land Berlin mehr Geld für Genderprojekte ausgibt, dann sagen Sie das Ihren Abgeordneten!“ Eine interessante Erkenntnis gab es nach dem großen Hin und Her doch noch: Die AfD hatte auch die Gerechtigkeitsfrage gestellt, denn die Frauensporthalle bekommt mit insgesamt 98.000 Euro erheblich mehr Geld vom Bezirk als jeder andere Sportverein. Lemm beantwortete sie mit einem argumentativen Kniff: „Wir bezuschussen keinen Sportverein“, sagte er, „wir bezuschussen ein gleichstellungspolitisches Projekt mit dem Ziel, mehr Mädchen und Frauen in den Sport zu kriegen.“ Das Geld geht an den VSJ, während der Programmanbieter FFM sich selbst aus Mitgliedsbeiträgen finanziert. Dieser Unterschied ist vielleicht auf dem Papier sichtbar, nicht aber im Lebensalltag.

Ein ungelöstes Problem der Frauensporthalle ist die Frauenfitnessfläche, die wegen Schimmelbildung durch Baumängel seit mehr als zwei Jahren auf eine Eröffnung wartet. Immerhin gibt es jetzt neue Pläne: Die Finanzierung der noch ausstehenden Maßnahmen sei gesichert, verkündete Lemm, die Bauplanungsunterlagen würden geprüft, an diesem Mittwoch schließlich werde das Architekturbüro einen Zeitplan für den Wiederaufbau des Umkleidebereichs bei der GSE, der Betreibergesellschaft des Freizeitforums, einreichen. Schneller gehen dürfte es vermutlich bei der ebenfalls geschlossenen Schwimmhalle. Dort waren zu viele Legionellen in Wasserproben gefunden worden. Nun stehe die Reinigung und letzte chemische Desinfektion aller Trinkwasserleitungen an, teilte Lemm mit, ehe noch einmal eine Woche für eine erneute Wasseruntersuchung eingeplant werden müsse. Ein Datum für eine Eröffnung nannte der Stadtrat lieber nicht.

FFF-Countup. 828 Tage seit Nicht-Eröffnung der Frauenfitnessfläche der Frauensporthalle im Freizeitforum Marzahn (geplant für den 23. Oktober 2016).

Und das sind die Sportler des Jahres in Marzahn-Hellersdorf: Der Bezirkssportbund hatte am Freitag in den Saal des Freizeitforums geladen, um die besten Sportlerinnen und Sportler des Jahres 2018 zu ehren. In Anwesenheit prominenter Gäste, darunter Ex-Hammerwerferin Betty Heidler, wurden in mehreren Kategorien 21 Aktive und 23 Ehrenamtliche ausgezeichnet. Bei den Erwachsenen siegte Mohammad Amin Alsalami vom Hellersdorfer AC Berlin. Er hält mit 7,63 Meter den syrischen Rekord im Weitsprung, ist Berlin-Brandenburgischer Meister im Weit- und Dreisprung, siebtbester Dreispringer Deutschlands und in dieser Disziplin auch Norddeutscher Hallenmeister. Bei den Frauen triumphierte Sandra Kramer, ebenfalls vom AC Berlin. Sie ist Senioren-Weltmeisterin im Weit- und Dreisprung und in beiden Disziplinen sowie über 100 Meter auch Deutsche Seniorenmeisterin in der Halle und im Freien. Sie ist Deutschlands achtbeste Dreispringerin, hält den Rekord in ihrer Altersklasse W40 und wurde Berlin-Brandenburgische Hallenmeisterin. Mannschaft des Jahres wurden die Hockey-Frauen von Fortuna Marzahn. Sie wurden Berliner Vizemeisterinnen – und spielen schon zusammen, seit sie Schülerinnen waren. Alle Geehrten: bsb-mahe.de