Kiezgespräch
Veröffentlicht am 24.10.2017 von Ingo Salmen
Es war sieben Minuten vor zehn am Donnerstagabend, als BVV-Vorsteherin Kathrin Henkel den letzten Tagesordnungspunkt aufrief. Das Bezirksamt sollte prüfen, ob MaHe sich um den Titel „Fairtrade-Stadt“ bewirbt. Eine Beschlussempfehlung des Wirtschaftausschusses, initiiert von den Grünen. Es folgte das erwartbare Schauspiel: Werner Wiemann von der AfD trat ans Pult und wetterte gegen das Vorhaben. „Bürokratie“, „Regelungswut“, „Gutmenschenart“ sind die Stichwörter, die Details erspare ich Ihnen.
Dennoch gab es drei interessante Anmerkungen in der Debatte. „Wir haben hier in Marzahn-Hellersdorf ganz andere Probleme“, sagte Wiemanns Parteifreund Jens Pochandke und verwies auf die Armut in einigen Vierteln (während seine Fraktion in derselben Sitzung den Bau eines „repräsentativen“ Rathaussaals beantragt). „Diese Sache, Fairtrade, geht uns hier sehr wohl etwas an“, warf der Grünen-Verordnete Nickel von Neumann ein. Das habe nämlich auch etwas mit der Bekämpfung von Fluchtursachen zu tun, was „insbesondere“ der AfD ein Anliegen sein müsse. Dann sollte die EU lieber aufhören den Export von Lebensmitteln nach Afrika zu subventionieren, um die lokalen Märkte nicht zu ruinieren, entgegnete deren Fraktionsvorsitzender Rolf Keßler.
Was soll und kann der Bezirk leisten? Das ist die spannende Frage, die hinter der Debatte steht. Sind einige fundamentale Probleme so gewaltig, dass alle Ressourcen dafür eingesetzt werden sollten? Oder müssen auch die globalen Herausforderungen im Lokalen behandelt werden, weil sonst nie ein Verständnis für die komplexen Zusammenhänge der Welt wachsen kann? Es geht, etwas bürokratisch gesprochen, um Aufgabenkritik. Wer dazu Argumente vortragen möchte, gern pointiert, aber sachlich benennen will, was er für verzichtbar hält und was für unverzichtbar, der ist herzlich eingeladen, das in diesem Newsletter zu tun. Schreiben Sie mir gern eine Mail. Nur bitte nicht Wiemann-Style.