Kiezgespräch
Veröffentlicht am 19.05.2020 von Caspar Schwietering
Seit Freitag dürfen auch die Gaststätten in Berlin wieder Gäste empfangen. Doch das erste Wochenende lief eher mau. 30 Prozent der normalen Umsätze habe er erwartet, sagt Frank Neumann, der Wirt des „Marzahner Krugs“. „Doch es waren dann eher zehn Prozent.“ Für den 64-jährigen Wirt und sein Team war es ein kompletter Neustart. Für das Ausflugslokal in Alt-Marzahn war ein Lieferservice nicht attraktiv, denn die Kundschaft kommt normalerweise mit dem Auto und wohnt nicht in den angrenzenden Plattenbauten. Auf Ausflügler*innen wartet der Marzahner Krug momentan allerdings weiterhin. Einen Run auf die Gastronomie habe es nach der langen Pause jedenfalls nicht gegeben, sagt Neumann. Wenn die Umsätze einen Monat so niedrig blieben, könne er die zwei Mitarbeiter*innen, die er aus der Kurzarbeit zurückgeholt habe nicht weiter bezahlen.
Noch hat Neumann finanzielle Reserven. Wirtschaftlich geht die derzeitige Situation für Neumann noch nicht an die Substanz. Nach 27 Jahren im Marzahner Krug habe er ein gewisses Polster, sagt Neumann. Der Wirt hofft aber natürlich dennoch, dass sich die Stimmung bald bessert. Bei seinen Stammgästen erlebt er derzeit eine hohe Unsicherheit. „Viele haben erstmal angerufen und sich erkundigt“, sagt er. Neumann wünscht deshalb weitere Lockerungen. Doch der erfahrene Wirt weiß auch, dass sein Geschäft nicht nur von von der Entwicklung der Pandemie, sondern ebenso von der Konjunktur abhängt. Auf dem Arbeitsmarkt der Gastronomie bemerkt er dabei bereits eine Veränderung. Vor der Krise sei es für ihn quasi unmöglich gewesen, alle Stellen im Marzahner Krug zu besetzen. Doch nun erhalte er „permanent Anfragen von Köchen und Kellnern“.
Beim Biesdorfer Italiener „La Strada“ sind sie zumindest teilweise zufrieden. „Es war weniger los als erhofft“, sagt Dorothea Knopke, 33, „aber viele Stammgäste sind wieder vorbeigekommen, das war sehr schön.“ Allerdings seien auch die Kosten für das Familienrestaurant hochgegangen, sagt die 33-Jährige. Lebensmittel würden deutlich mehr kosten als vor der Coronakrise und hinzukämen noch die gestiegenen Hygienekosten. „Das Wetter muss schon noch ein bisschen schöner werden, damit es sich lohnt“, sagt Knopke. Denn dann würde das La Strada von seiner Außengastronomie erst so richtig profitieren.
Allerdings haben steigende Temperaturen auch einen Nachteil für die Gastronomen. Das Arbeiten mit dem Masken würde dann noch unangenehmer. „Wenn es ein bisschen warm wird, wird die Maske tödlich“, sagt Nazmi Ljimani, 64, vom Mahlsdorfer „La Stalla“. Schon jetzt liefen manche seiner Kellner*innen mit Mühe. Und immer wieder müssten alle die Maske außerhalb des Kundenbereichs auch mal abnehmen. Nach dem ersten Wochenende ist auch Ljimani ernüchtert. Die Zahl der Plätze habe sich durch die Abstandregeln im „La Stalla“ halbiert – von 240 auf 120 Plätze. Damit halbiere sich aber auch der zu erwartende Umsatz. „So kann ich auf Dauer keine 20 Leute beschäftigen.“ Ljimani hofft deshalb, dass es schnell zu weiteren Lockerungen kommen wird.