Kiezgespräch

Veröffentlicht am 04.07.2023 von Dominik Lenze

Es hieß, dass sie auf Rädern kommen: Kritiker des geplanten Baus der Tangentialverbindung Ost (TVO), Fahrradfahrer aus Friedrichshain und Kreuzberg, haben einen Info-Abend zu dem umstrittenen Straßenbau-Projekt “kapern” wollen. Davon ging zumindest Biesdorfs CDU-Chef Christian Gräff aus, wie er dem Tagesspiegel sagte. Der Politiker steht in der Kritik, weil drei Kritiker der TVO nicht an einer Info-Veranstaltung teilnehmen durften, zu der er eingeladen hatte.

Am vergangangenen Dienstag (27. Juni) hat Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) in Biesdorf über den aktuellen Stand der Tangentialverbindung Ost (TVO) informiert. Gebeten zu der Info-Veranstaltung im Theater am Park hatte Gräff. Es war eine öffentliche Veranstaltung, Einladungsschreiben sind in den Tagen zuvor im Kiez verteilt worden. Der Bau der TVO ist umstritten: Seit Jahrzehnten wird über den Bau der geplanten Verbindungsstraße zwischen Marzahn und Köpenick debattiert. Stefan Fruhner, Sprecher des Netzwerks Fahrradfreundliches Marzahn-Hellersdorf gehört zu den Kritikern des geplanten Straßenbaus. Der Biesdorfer wollte an der Info-Veranstaltung teilnehmen – ist aber an der Tür abgewiesen worden. 

Gemeinsam mit zwei Freunden und auf dem Fahrrad sei Fruhner zur Info-Veranstaltung gefahren, berichtet er. Ursprünglich sei eine gemeinsame Anreise mit mehreren Radfahrer:innen vom Ostkreuz aus geplant gewesen. “Die ist dann aber wegen des schlechten Wetters ins Wasser gefallen”, so Fruhner. 

Eine Radfahrer-Demonstration oder gar eine Störung der Veranstaltung sei nicht geplant gewesen. Um seinem Unmut kundzutun, hatte er an diesem Tag lediglich ein kleines Schild dabei: “Bäume statt TVO”, stand darauf geschrieben. Zum Einsatz ist es an diesem Tag nicht gekommen: “Schon beim Eintreffen bin ich stutzig geworden, weil die Polizei mit mehreren Einsatzwagen vor Ort war”, sagte er. Als er das Theater am Park betreten wollte, sei er zunächst nach seiner Adresse gefragt und dann abgewiesen worden. Der Veranstalter mache von seinem Hausrecht Gebrauch, habe es geheißen.

Den Vorwurf, Kritiker von der Infoveranstaltung ausgeladen zu haben, will Christi8an Gräff (CDU) nicht auf sich sitzen lassen: “Die Radfahrer sind nur deshalb abgewiesen worden, weil schon alle Plätze im Saal belegt waren”, sagte er. Die Polizeipräsenz habe er zwar selber gar nicht für notwendig gehalten, betont er. “Aber es gab Aufrufe im Internet von Radfahrern aus Friedrichshain und Kreuzberg, die Veranstaltung zu kapern.” Im Messengerdienst Telegram hätten sich die TVO-Kritiker besprochen, so sei es ihm zugetragen worden.

Er selber nutze den Messenger überhaupt nicht. “Aber die Diskussionen dort müssen hysterisch gewesen sein”, habe er gehört. Doch auch dies habe mit der Abweisung der Radfahrer nichts zu tun: “Sie sind einfach deshalb nicht reingekommen, weil sie zu spät gekommen sind”, sagt er.

Eine Sprecherin der Polizei bestätigt auf Anfrage, dass im Vorfeld der Veranstaltung in Biesdorf ein “Social-Media-Screening” durchgeführt wurde. Tatsächlich habe es einen Aufruf zu einer gemeinsamen Fahrradanreise gegeben. “In diesem Aufruf wurde aber nicht zu Störungen aufgerufen”, sagte die Polizeisprecherin. Dass es einen Plan gab, die Veranstaltung zu “kapern”, würde die Polizei nicht so ausdrücken, sagte die Behördensprecherin. Dies sei “eher eine individuelle Interpretation”. Das Thema TVO sei nun mal im Bezirk Marzahn-Hellersdorf sehr umstritten,

Christian Gräff sieht das anders: “Was das Thema TVO angeht, gibt es keine erhitzten Gemüter im Bezirk, wirklich gar nicht”, sagt er. Er sei jedenfalls bereit, auch mit Kritikern ins Gespräch zu kommen. Bloß an Social-Media-Diskussionen möchte er sich nicht beteiligen, sagt Gräff und ergänzt: “Wissen Sie, da entstehen urbane Mythen.”