Kiezgespräch

Veröffentlicht am 05.09.2023 von Dominik Lenze

Marzahn-Hellersdorf muss sparen – aber wo? Das Bezirksamt hat in der vergangenen Woche den Plan für den Haushalt in den Jahren 2024 und 2025 vorgestellt. Am 21. September, also in rund zwei Wochen, soll die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) darüber entscheiden. Was sich jetzt bereits abzeichnet: Obwohl das Bezirksamt das ursprüngliche Defizit herunter handeln und weitere Mittel einwerben konnte, startet der Bezirk mit einem millionenschweren Minus ins neue Haushaltsjahr.

Für das Haushaltsjahr 2024 sind insgesamt rund 880 Millionen und für 2025 rund 905 Millionen Euro eingeplant. Allerdings startet der Bezirk in das Haushaltsjahr 2024 mit 7,7 Millionen Euro und in 2025 mit elf Millionen Euro. “Das ist eine große Hausnummer”, sagte Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic (CDU) in der BVV am vergangenen Donnerstag (31. August). Wegen dieser Kürzungen wolle das Bezirksamt “noch einmal in Klausur gehen”, so Zivkovic, und zwar im November. “Das ist keine Entscheidung, die einer alleine treffen kann”, so Zivkovic. 

Was die Prioritäten für den Haushalt angeht, sind sich die BVV-Fraktionen in vielen Punkten einig: Schulen und Soziales stehen ganz weit oben. Doch zur Frage, wo gespart werden soll, halten sich die meisten Politiker:innen noch bedeckt: Zivkovic verweist auf Anfrage auf die anstehende Klausur im November und bekräftigt: „Bei Personal, Bildung und Sozialem wird nicht gespart.“

Günther Krug, Fraktionsvorsitzende der SPD, hofft auf produktive Debatten: Vier stunden habe seine Fraktion über mögliche Kürzungen beraten, berichtet er auf Anfrage. „Wir haben Punkte gefunden, wo man einsparen kann“, sagt er. Konkret gebe es aus SPD-Sicht doppelte Ausgaben in Höhe von 10.000 Euro, die sich vermeiden ließen. Von den Prioritäten der Fraktion, also Schule und Soziales, wolle man aber nicht abrücken. „Ich sehe Einsparpotential in vielen kleinen Dingen“, so Krug. Nun müsse es darum gehen, „umzuschichten“, damit genug Mittel für die wichtigsten Themen zur Verfügung stehen, so Krug.

Linke und Grüne kritisieren, dass der Haushaltsentwurf den Bezirksverordneten zu spät vorgelegt worden sei. Das 700-seitige Dokument sei bis zum 21. September kaum angemessen durchzuarbeiten, geschweige denn umfangreich Gegenvorschläge zu unterbreiten, kritisieren Politiker:innen aus beiden Fraktionen. Der Bezirksverordnete Nickel von Neumann (Grüne) vermutet hier eine Strategie des Bezirksamtes: “Vielleicht wollen Sie auch bestimmte Vorschläge nicht haben”, sagte er in der BVV.

Mangelnde Transparenz bei den geplanten Kürzungen kritisiert der Linken-Fraktionsvorsitzende Bjoern Tielebein: Statt einer Klausur des Bezirksamts im November hätte er sich jetzt schon klare Ansagen über die Pläne gewünscht. Möglichkeiten, wirklich zu sparen, sieht Tielebein bislang nicht: „Wir sehen keinen Spielraum für Kürzungen“, sagt er. Aus seiner Sicht müsste der Senat grundsätzlich mehr Mittel für die Bezirke bereitstellen.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende in der BVV, Chantal Münster, appelliert an das Bezirksamt, eben dafür zu streiten: „Es braucht mehr Geld für die Bezirke, sonst können wir unsere Arbeit nicht machen“, sagt sie und ergänzt: „Ich finde es überraschend, dass das Bezirksamt hier nicht in die Diskussion geht.“ Neukölln und Treptow-Köpenick hätten aus ihrer Sicht gezeigt, dass es durchaus Früchte tragen kann, wenn Bezirke lautstark beim Senat einfordern, was sie brauchen. Ein weiterer Vorschlag der Grünen-Fraktion: Das Bezirksamt könnte sich verstärkt bemühen, bislang ungenutzte Fördergelder zu akquirieren, zum Beispiel von der EU.

Am 21. September soll in der BVV über den Haushalt entschieden werden. Im späten Herbst soll der Haushaltsentwurf dem Land übergeben werden. An Diskussionsstoff wird es der Bezirkspolitik in den nächsten Wochen also nicht mangeln.