Nachbarschaft
Veröffentlicht am 23.10.2018 von Ingo Salmen

Rübensam schlägt Karpow: In der Rubrik „Nachbarschaft“ wollen wir diesmal an ein Ereignis in Marzahn erinnern, das in der Sportgeschichte weitgehend unbeachtet geblieben ist, aber einem Brandenburger Versicherungsvertreter doch zu bleibenden Ruhm verholfen hat.
Es war an diesem Dienstag vor 20 Jahren, der 23. Oktober 1998, als der amtierende Schach-Weltmeister Anatoli Karpow im Freizeitforum zu Gast war, um gegen 25 Amateure im Simultanschach anzutreten. Sieben Jahre war die russische Legende nicht mehr in Berlin gewesen, 148 Mal hatte er bis dahin bei internationalen Turnieren gesiegt. Das wollte sich auch der 43-jährige Versicherungsfachmann Helmut Rübensam aus Waldsieversdorf, in seiner Freizeit beim SC Fürstenwalde aktiv, nicht entgehen lassen. Der Saal war ausverkauft.
Rübensam avancierte zum „Helden des Abends“, wie der Tagesspiegel später schrieb. „Nach fast fünf Stunden Spielzeit hatte der Amateur als einziger den Profi besiegt“, hieß es im Bericht von damals. „Mit den schwarzen Steinen lockte Rübensam den Champion aus Moskau in eine Eröffnungsfalle. ‚Albins Gegengambit‘ nennt sich der seltene Partieanfang, der nicht ohne Gift ist. Schwarz opfert schon früh einen Bauern und bekommt dafür heftigen Angriff. Der überraschte Karpow fand nicht die beste Fortsetzung und mußte trotz zäher Gegenwehr nach 77 Zügen aufgeben.“
Karpow gewann 21 von 25 Duellen, ließ sich dreimal auf ein Unentschieden ein – doch verlor die Begegnung mit Helmut Rübensam. Die Berliner Vereinsspieler Torsten Gragert, Steffen Poseck und Bernd Steinhagen bekamen für das Unentschieden, das sie erkämpft hatten, ein handsigniertes Buch mit den besten Partien Karpows. Versicherungsvertreter Rübensam aber trug einen Schachcomputer nach Hause.
Archivfoto (Karpow im Jahr 2012): Andreas Klaer
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