Nachbarschaft
Veröffentlicht am 25.02.2020 von Ingo Salmen

Astrid Zehbe, 37, wohnt in Biesdorf und ist dank eines Spaziergangs um den dortigen Baggersee neuerdings Chefredakteurin. Seit November gibt es das Magazin „Courage“ online, am 20. Februar ist es erstmals auch als Zeitschrift erschienen. „Courage“ ist eine Publikation des Münchener Finanzen-Verlags, zu dem auch „Euro“, „Euro am Sonntag“ und „Börse Online“ gehören. Bisher hat Zehbe für diese Magazine geschrieben. Doch als ihre Kollegin Daniela Meyer sie besuchte, kam den beiden die Idee für, wie sie selbst sagen, Deutschlands erstes regelmäßiges Finanz- und Karrieremagazin für Frauen. Schon in den Nullerjahren lebte Zehbe in Biesdorf, jetzt ist sie mit ihrem Partner und den beiden Kindern wieder in die Nähe ihrer Eltern gezogen – „weil ich eigentlich großer Biesdorf-Fan bin“, erzählt sie. Sie schätzt das Grüne, die Nähe zur Stadt und die Imkerei im eigenen Garten. „Mit zunehmendem Alter kommt ein verkapptes Landei bei mir durch.“
Ihr neues Magazin heißt „Courage“ – sagt das mehr über den Inhalt aus oder den Mut, heute noch eine neue Zeitschrift auf den Markt den zu bringen? Wir haben tatsächlich eine ganze Weile über den Namen nachgedacht, er soll ja Frauen jeden Alters erreichen. Bei „Courage“ sind wir letztlich hängengeblieben. Wir wollen Frauen ermutigen, für das einzustehen, was ihnen zusteht. Außerdem ist es ein schönes Wort. Aber mit dem Zeitschriftenmarkt hat das nichts zu tun …
Wie sind Sie auf die Idee für das Magazin gekommen? Mein Sohn ist im Oktober 2018 geboren. In der Elternzeit sitzt man dann auch viel herum oder fährt mit dem Kinderwagen umher. Da habe ich dann wahnsinnig viele Podcasts gehört, in denen Frauen und Finanzen und Karriere ein Thema waren. Auch andere Mütter beschäftigten sich mit den Fragen. Vor einem Jahr war dann meine Kollegin Daniela aus Prenzlauer Berg bei mir in Biesdorf zum Frühstück. Da habe wir uns gefragt, ob wir das nicht mal als Titelgeschichte oder Kolumne anbieten könnten. Irgendwann am Biesdorfer Baggersee waren wir dann beim Magazin angekommen und haben das schließlich im eigenen Haus vorgeschlagen. Ich habe dann meine Elternzeit verkürzt, als es hieß, wir könnten das machen. Seit August haben wir zum Glück auch einen Kitaplatz. Und jetzt arbeite ich in Biesdorf im Homeoffice.
Der Untertitel lautet „Geld. Karriere. Lebenslust“. Was sind Ihre Themen und was machen Sie anders? Wir haben festgestellt, dass Frauen nicht gern mit Männern über Finanzen sprechen. Freundinnen fragen lieber mich als ihren Partner, Vater oder Bruder. Frauen haben in der Vermögensbildung auch ganz andere Voraussetzungen: Es gibt die Pflege- und die Erziehungslücke, Phasen der Teilzeitarbeit, am Ende aber auch ein längeres Leben. Das berücksichtigen die klassischen Magazine nicht – die haben auch zu 80 Prozent männliche Leser. Am besten funktioniert Vermögensbildung natürlich, wenn man Geld verdient, deshalb geht es bei uns auch um Karriere. Themen sind dort zum Beispiel die Gehaltsfrage, also das Gender Pay Gap, oder die Teilzeitfalle nach der Elternzeit, die neue Arbeitsmodelle erfordern. Die Quotendiskussion verfolgen wir natürlich auch. Und hinten im Heft gibt’s noch was Leichtes: die Lebenslust.
Mir ist aufgefallen, dass Sie ihre Leserinnen duzen. Online duzen wir, aber im Heft siezen wir. Das wollte unser Geschäftsführer so. Die „Brigitte“ siezt auch. Mit der Website erreichen wir eher ein jüngeres Publikum, dafür sind die Themen im Heft tiefgründiger aufbereitet, mit genauerem Leitfaden und detaillierteren Berechnungen.
Warum legen Sie eigentlich gleich mit einem Scheidungsratgeber los? Wir arbeiten ja mit mehreren Autoren und Experten zusammen – und den hat uns eine Anwaltskanzlei angeboten. Im zweiten Heft wird es aber auch einen Hochzeitsartikel geben – also nicht über die tollsten Torten, sondern eher zur Frage, ob ich einen Ehevertrag brauche oder nicht.
An vielen der Probleme sind doch eigentlich die Männer schuld. Müssten nicht die vor allem Ihr Magazin lesen, damit sich was ändert? Ja, eigentlich schon. Und wir bekommen auch tolles Feedback von ihnen. Am 7. Februar war ja bereits unsere Launch-Party bei der „Finanzen-Nacht“ unseres Verlags – und da waren natürlich lauter Männer. Danach haben wir schon sehr viele Mails erhalten. Auch ein Mann will sich ja Vermögen aufbauen und weiß nicht, wie er mit einem ETF-Sparplan umgehen soll …
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-i.salmen@tagesspiegel.de