Nachbarschaft

Veröffentlicht am 17.03.2020 von Ingo Salmen

Jens Bisky, 53, Redakteur bei der „Süddeutschen Zeitung“ und Autor des Bestsellers „Berlin. Biographie einer großen Stadt“, war der erste Gast im neuen Podcast unseres Berlin-Newsletters Checkpoint. In „Eine Runde Berlin“ fährt unsere Kollegin Ann-Kathrin Hipp mit mehr oder weniger prominenten, immer aber spannenden Gesprächspartner*innen in der Ringbahn und zieht dabei einen Kreis durch die Stadt – 27 Stationen, 60 Minuten. Mit dem ersten Gesprächspartner fuhr sie vor der Coronavirus-Krise diese Runde, die oder der nächste kommt danach. Mit Bisky lässt es sich auch deshalb gut beginnen, weil er schon in diversen Ecken gewohnt hat: aktuell in Friedenau, zuvor in Friedrichshain, Mitte, Lichtenberg – und Marzahn.

Er trägt einen bekannten Namen. Jens Bisky ist der Sohn des früheren Linken- und PDS-Vorsitzenden Lothar Bisky, der in der DDR als Kulturwissenschaftler arbeitete, und älterer Bruder des Malers Norbert Bisky. Ein Wechsel des Vaters von Leipzig an die Humboldt-Universität führte die Familie im Jahr 1981 nach Marzahn, der erste Sohn war da gerade 15 Jahre alt, die neue Großsiedlung eine begehrte Lage. „Ich fand’s damals nicht schick, ich bin mit großem Widerwillen nach Berlin gezogen“, erzählt Bisky hingegen im Podcast. „Ich hatte das Gefühl, dass Marzahn alle meine Vorurteile bestätigt.“ Er sei „stolzer Leipziger“ gewesen, habe die Stadt wunderbar gefunden. „Dann kam ich hierher und um mich herum waren nur diese Plattenbauten.“

Immerhin bot ihm das neue Zuhause einen freien Blick auf das Wahrzeichen des Osten. „Wir haben in einem Hochhaus in der Kienbergstraße gewohnt – 13. Stock“, sagt Bisky. „Irgendwo in der Ferne habe ich den Fernsehturm und so ein bisschen das, was man Berlin nennen kann, schimmern sehen. In der Schule habe ich am Anfang immer noch den stolzen Sachsen gegeben.“ Woher kamen diese Vorurteile? „Es gab so eine gewisse Tradition des Berlin-Bashings – das seien die Großmäuler, die auf alle anderen als Provinzler herabschauen. Heute würde ich sagen: Ja, wie auch nicht.“ Die einstige „Dominanzgeste“ der SED im historischen Zentrum der Stadt ist nach dem Mauerfall natürlich nicht verschwunden und längst zu einem Wahrzeichen für ganz Berlin geworden. Deshalb ist er auch auf dem Titel seines Berlin-Buches zu sehen – als Hauptmotiv eines Bildes, das sein Bruder ihm für sein neues Werk gemalt ist.

Über den Fernsehturm sagt Bisky: „Man hat die Kuppel von überall in Berlin gesehen. Und wenn man als DDR-Bürger hochgefahren ist, hat man mal wieder ganz Berlin gesehen, was ja sonst durch die Mauer abgeriegelt war. Ich glaube, für viele ist der Fernsehturm heute wirklich ein Wahrzeichen Berlins.“ Das alles hat er rund ums Ostkreuz erzählt, einer Station, die auch in seiner Jugend eine Rolle gespielt hat. Bisky hat in Marzahn gewohnt, ist in Lichtenberg zur Schule gegangen. Was er auf dem Rest der Ringbahn-Runde zu sagen hatte, können Sie sich hier anhören, einige Auszüge können Sie hier auch lesen. Foto: Leon Ginzel – Text: Ingo Salmen
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