Nachbarschaft
Veröffentlicht am 20.07.2021 von Sophie Rosenfeld
Wer in Marzahn-Hellersdorf und Potsdam auf Wildtiere stößt, die verletzt oder verwaist aussehen, findet bei Jennifer Eckardt die richtige Anlaufstelle. Sie ist ausgebildete Land- und Tierwirtin und schärfte ihr Interesse für die Tierpflege bei einem zweijährigen Praktikum beim Tierarzt sowie einem Erstehilfekurs für Klein- und Großtiere. Gemeinsam mit der Wildtierrettung-Potsdam und dem Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf, Abteilung Wirtschaft, Straßen und Grünflächen/Umwelt-und Naturschutzamt päppelt sie die Wild- und Haustiere in ihrer privaten Auffangstation bei sich zu Hause wieder auf. Momentan versorgt sie vier Waschbären.
Was passiert mit den Tieren, die bei Ihnen landen? Der erste Gang ist erst einmal zum Tierarzt, der schaut sich das Tier an und entscheidet, ob eine Ruhezeit für das Tier ausreicht oder ob es mit der Flasche aufgezogen werden muss.
Werden die Waschbären wieder in die freie Natur gesetzt? Nein, Waschbären darf man nicht mehr aussetzen. Diese Tiere sind nicht heimisch und dürfen daher nicht wieder ausgewildert werden. Wir versuchen sie zu vermitteln: an Zoos, Tierparks oder an private Leute die eine Genehmigung und ein großes ausbruchsicheres Gehege haben. Werden Tiere nicht vermittelt, ist der letzte Weg der Tierarzt, aber so weit ist es zum Glück bis jetzt nicht gekommen.
So lange die Tiere noch bei Jennifer Eckardt sind, spaziert sie in Begleitung mit der Waschbärdame Betty öfters zwischen Cecilienstraße und Cottbusser Platz umher und informiert Kinder sowie Eltern und Interessierte über die Wildtiere.
Wie kümmern Sie sich um die Tiere, wenn sie von unterschiedlicher Spezies sind? Ich habe nur eine kleine Gruppe zu Hause. Das heißt, wenn ich Waschbären dahabe, dann habe ich auch nur eine kleine Gruppe von fünf Tieren bei mir. Ich halte dann auch nur eine Gattung hier. Entweder Waschbären, Mader oder sogar Füchse. Gemischt werden sie nicht, da sie auch in der Wildnis natürliche Feinde sind.
Was kann man tun, wenn man ein verletztes oder verwaistes Wildtier in Berlin findet? Erst einmal schauen, ob das Tier überhaupt Hilfe benötigt. Sollte das Tier verletzt sein, kann man es vorsichtig anfassen, mitnehmen und zum nächsten Tierarzt bringen. Wer sich das nicht zutraut, kann sich an mehrere Anlaufstellen wenden. Das Wildtiertelefon ist beispielsweise unter der (030) 5471 2891 zu erreichen. Dort erhalten Sie die erste Beratung und im Bedarfsfall auch den Kontakt zu einer Waschbärexpertin. Keinesfalls sollte man dem Tier Flüssigkeit oder Futter einflößen, da es schnell zu Erstickungsgefahr kommen kann. Dies sollte dann wirklich nur von erfahrenen Personen übernommen werden.
Wie sehr beeinflusst die Pandemie das Aufkommen von verwaisten Haustieren? Während der Pandemie haben sich viele Tiere geholt, um entweder einen Grund haben, um rauszugehen, oder um nicht allein zu sein. Dabei wurde leider nicht bedacht, wie viel Zeit und Mühe ein Tier auch nach der „Homeofficezeit“ benötigt. Leider werden daher auch wieder viele Tiere abgegeben oder einfach ausgesetzt. Zum Glück habe ich aber noch keine Haustiere auf der Straße gefunden. Ich hatte schon überlegt, bei eBay-Kleinanzeigen eine Anzeige zu öffnen, dass mich Menschen anschreiben können und ich die Tiere gegebenenfalls abhole. Sie können sich auch draußen mit mir treffen und anonym bleiben. Dann versuche ich, dass Tier gut zu vermitteln oder anders unterzubringen.
Wie wird die Arbeit momentan finanziert? Bisher finanziere ich den Großteil selbst. Ich habe aber auch schon Spenden bekommen, die durch mein Twitch-Stream zustande kamen.
- Auf dem Live-Streaming-Videoportal zeigt Eckardt ihr Tierzimmer. Über diesen Link können Sie auch mal ein Auge auf die kleinen Tiere werfen und schauen, welchen Unfug sie treiben.
Können freiwillige Helfer:innen Ihnen momentan unter die Arme greifen, falls Sie Unterstützung suchen? Ja, Unterstützung ist gern gesehen. Sei es beim Füttern, Baden, Station säubern oder bei der Beschäftigung der Tiere.
Foto: privat
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: paul.lufter@tagesspiegel.de