Nachbarschaft

Veröffentlicht am 14.02.2023 von Johanna Treblin

Die FDP ist nicht nur aus dem Abgeordnetenhaus ausgeschieden, sondern auch aus der Bezirksverordnetenversammlung in Marzahn-Hellersdorf, wo sie erst 2021 nach zehn Jahren ohne ausreichend Stimmen wieder eingezogen war. Ich habe mit der Fraktionsvorsitzenden Anja Molnar darüber gesprochen, was sie am meisten bedauert.

Wie geht es Ihnen zwei Tage nach der Wahl? Ich bin schon ein bisschen traurig. Ich habe die Arbeit sehr gerne gemacht und mit meiner Fraktion auch gerne zusammengearbeitet. Wenn man im Bezirk politisch etwas erreichen möchte, dann geht das über die BVV. Ich habe dort nicht nur in Ausschüssen gesessen, sondern in meiner Funktion als Verordnete auch in anderen Gremien wie dem Frauenbeirat. Ich bedauere sehr, dass ich das nicht mehr machen kann. Und dann ist auch noch die Frage offen, was mit unseren Anträgen passiert, die noch im Orbit wabern, zum Beispiel über Reinigungsroboter und Kleinwindkraftanlagen.

Haben Sie mit diesem Ergebnis gerechnet? Ehrlich gesagt nein.

Warum schnitt die FDP so schlecht ab? Wenn wir mit Leuten auf der Straße oder bei Veranstaltungen gesprochen haben, dann haben sie immer genau die Dinge als ihnen wichtig benannt, die bei uns im Parteiprogramm stehen. Aber das lesen sie ja nicht. Über die Verwaltung regt sich jeder auf. Wir wollten sie reformieren. Ich bin mir sicher: Wir werden in drei Jahren, wenn die Legislaturperiode vorbei ist, immer noch länger als zwei Wochen auf einen Bürgeramtstermin warten. Weil das Thema einfach niemand sonst angeht.

Hat die FDP keinen Marzahn-Hellersdorf-Bonus, weil ihr Landesvorsitzender Sebastian Czaja aus dem Bezirk kommt? Nein. Die FDP hat hier immer schlecht abgeschnitten. Unser Wählerpotenzial liegt vor allem im Siedlungsgebiet. Da gingen die Stimmen dieses Mal aber alle an die CDU – oder man ist gar nicht wählen gegangen.

Die CDU hat sich im Bezirk stark gegen Neubauten im Bezirk gemacht. Das ist eine Forderung, bei der sich alle einig sind – nur die FDP schert aus. Warum sich gegen die Bebauung von Innenhöfen wehren, selbst wenn dort vorher auch schon zum Beispiel Kitas standen? Die CDU wehrt sich auch dagegen, weiter nach oben zu bauen, selbst wenn die umliegenden Häuser alle schon 16-Stöcker sind. Das ist so die Mentalität „Bauen ja, aber nicht in meinem Vorgarten“. Wir haben das Potenzial im Bezirk, mehr Wohnungen zu bauen, und wir brauchen sie. Ich würde mich freuen, wenn mein Kind hier im Bezirk eine Wohnung findet.

Nun schieben einige die FDP-Wahlschlappe auf den Karnevalsauftritt der Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, in dem sie als Vampir verkleidet eine Büttenrede auf CDU-Chef Friedrich Merz hielt. Ich bin tatsächlich gerade im Rheinland – ich bin ja Karnevalistin. Die Leute verstehen offenbar nicht, was Karneval ist. In der gleichen Sendung, in der Strack-Zimmermann auftrat, haben zum Beispiel auch Robert Habeck und Olaf Scholz ihr Fett weggekriegt.

Sie sagten zu Beginn, dass Sie die Arbeit in den Gremien vermissen werden. Werden Sie sich jetzt anderweitig politisch engagieren? Ich bin weiter Mitglied bei den Liberalen Frauen und im Landesfrauenrat. Da gibt es viele Themen, mit denen wir uns weiter beschäftigen, vor allem das Landesgleichstellungsgesetz und die Abschaffung des Paragrafen 218 zur Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen. Das ist mir ein besonderes Anliegen. Jetzt können wir das vielleicht noch besser angehen, denn jetzt sind wir frei von parlamentarischen Zwängen.

Bis auf Agnes Strack-Zimmermann hat die FDP ja nicht viele bekannte weibliche Gesichter. Genau. Würde man Menschen auf der Straße fragen, welche FDP-Politikerin sie im Land kennen, könnten sie keine nennen. Das sehe ich auch als ein großes Problem der FDP: Sie spricht die Frauen nicht an. Es wird immer nur Sebastian Czaja in den Vordergrund gestellt. Wir Frauen hätten uns aber gerne auch eine Frau an der Spitze gewünscht.

Sie fühlen sich in der FDP trotzdem richtig aufgehoben? Ja. Das Liberale, das ist meins.