Intro

von Laura Hofmann

Veröffentlicht am 07.11.2018

wem gehört Mitte? Diese Frage haben wir gestern Abend bei Correctiv, unserem Partner bei der großen Schwarmrecherche „Wem gehört Berlin?“, diskutiert. Mit mir auf dem Podium saßen der SPD-Baustadtrat Ephraim Gothe, Investor Henrik Thomsen von der Groth Gruppe und Marie Münch vom Mieternetzwerk „Zusammen für Wohnraum“. Ihr Beispiel illustrierte gleich zu Beginn der Debatte, mit was für einer Situation wir es auf dem Berliner Immobilienmarkt gerade zu tun haben. Münch ist Mieterin auf dem historischen Remisehof in der Koloniestraße 10 in Wedding. Kurz bevor das Gebiet im September unter Milieuschutz gestellt wurde, hat die ZBI Invest Erlangen den Hof gekauft und will dort die Luxusstudentenappartments von nebenan erweitern. Das Projekt nennt sich Campus Viva und wirbt auf seiner Webseite wie folgt: „Studentenbude war gestern – Campus Viva ist heute! Die deutschlandweit agierende Marke für studentisches Wohnen steht für vollmöblierte Apartments im trendigen Design an Top-Studienorten in Deutschland. Campus Viva bietet Anlegern begehrte, renditestarke Immobilien mit Rundum-sorglos-Paket.“

Lösen auch voll möblierte Ein-Zimmer-Appartments für 20 Euro nettokalt das Berliner Mietenproblem, Herr Thomsen? Ja, sagte der Investor: „Solange durch Investitionen neue Wohnungen entstehen, kann Druck aus dem Immobilienmarkt genommen werden.“ Dass sich – einer aktuellen Studie zufolge – einige Großanleger allerdings trotz möglicher hoher Rendite von Berlin abwenden, liegt laut Thomsen daran, dass selbst ihnen die Stadt zu teuer wird: Der Baugrund koste schlicht zu viel. Das ist aus mehreren Gründen problematisch; vor allem, weil die Stadt jährlich etwa 20.000 neue Wohnungen für Neuberliner braucht, wie Gothe einschätzte. Die sechs städtischen Wohnungsgesellschaften könnten aber pro Jahr maximal 6000 neue Wohnungen bauen. „Wir brauchen die privaten Baugesellschaften, um das Problem zu lösen“, sagte Gothe.

In der anschließenden Debatte wurde sachlich und auch emotional diskutiert, es ging schließlich um das Menschenrecht auf Wohnen, das einige der Anwesenden durch die Gier nach möglichst hoher Rendite in Gefahr sehen. Viele der Menschen, die gekommen waren, erleben selbst gerade Situationen, in denen sie als Mieter betrogen oder verdrängt werden. In den nächsten Wochen werde ich noch einige Geschichten hier vorstellen. Wer die Debatte noch sehen möchte, kann das über diesen Facebook-Link tun (nicht irritieren lassen, am Anfang funktioniert der Ton kurzzeitig nicht richtig). Mehr über die Debatte lesen Sie hier: tagesspiegel.de.

Laura Hofmann arbeitet in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegels. Ihre erste Berliner Wohnung war im Wedding, hierher kehrt sie immer gerne zurück. Heute wohnt sie an der Grenze zwischen Prenzlauer Berg und Mitte, den Fernsehturm immer fest im Blick. Schreiben Sie ihr eine Mail oder folgen Sie ihr auf Twitter oder Facebook.