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von Laura Hofmann
Veröffentlicht am 24.07.2019
am 5. August beginnt das neue Schuljahr. Wie ist Mitte dafür gewappnet? Am vergangenen Donnerstag teilte Schulstadtrat Carsten Spallek (CDU) auf Twitter mit, dass er allein an diesem Tag 26 Widerspruchsbescheide unterschrieben und an Eltern versenden musste. Sein dazu veröffentlichtes Foto zeigt einen anonymisierten Brief, in dem das Bezirksamt einer Mutter mitteilt, dass ihr Kind nicht auf die Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule gehen kann – „aus Kapazitätsgründen“. Ihr Widerspruch gegen diese Entscheidung sei zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet, heißt es in dem Schreiben. Spalleks Kommentar dazu: „Der Mangel an Schulplätzen wird spürbar(er).“ Das sei schlecht für Eltern, Kinder und Schulen. Spalleks Fazit: „Wir brauchen an vielen Stellen ganz dringend neue Schulen – Grundschulen sowie weiterführende Schulen, Integrierte Sekundarschulen sowie Gymnasien!“
Die Heinrich-von-Stephan-Schule in Moabit ist nicht die einzige übermäßig nachgefragte Schule im Bezirk. Auch an der Herbert-Hoover-Oberschule, der Schule am Schillerpark, dem John-Lennon-Gymnasium und dem Lessing-Gymnasium musste ein Auswahlverfahren durchgeführt werden, teilt Spallek auf Anfrage mit. Bei der Ausgleichskonferenz wurde vereinbart, dass das Diesterweg-Gymnasium zwei weitere siebte Klassen aufnimmt. Hier werde den übrigen Kindern aus Mitte ein Schulplatz zugewiesen und einigen Kindern aus Pankow. Außerdem wurde eine Nachrückerklasse an der Ernst-Schering-Oberschule als siebte Klasse umgewandelt, damit 22 Kinder aus Pankow dort untergebracht werden können.
Viele Eltern sind mit der Situation unzufrieden. 284 Widersprüche sind in diesem Jahr beim Schulamt eingegangen. Das sind rund ein Drittel mehr als 2018, damals waren es 207. Von den 284 Widersprüchen wurden bisher 137 positiv entschieden und 40 (14 Grundschulen und 26 weiterführende Schulen) abgelehnt. Die anderen Widersprüche sind derzeit noch offen und sollen in der nächsten Woche beschieden werden, also ganz knapp vor Schulbeginn. Ob die Einschulungsbereiche, die für dieses Schuljahr angepasst wurden, wieder verändert werden, werde noch „überprüft“.
Spallek glaubt, dass die Situation sich durch mehr Schulen entspannen würde. Die dafür notwendigen Lehrer könnte man gewinnen, wenn Berlin wieder zur Verbeamtung zurückkehren würde. „Wir müssen als Arbeitgeber für Pädagogen attraktiv werden“, sagte er mir. „Und wenn es den frisch ausgebildeten Lehrern wichtig ist, verbeamtet zu werden, müssen wir darauf reagieren.“ Zurzeit verliert Berlin jedes Jahr zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer, weil diese lieber in den anderen Bundesländern arbeiten, wo sie den Beamtentstatus erhalten. „Wir bilden aus für andere Bundesländer“, ärgert sich Spallek. „Und vertreiben dann die fertigen Lehrer.“
Und wie sieht es aus beim Mittagessen? Das ist wie berichtet ab dem 1. August in den Grundschulen für alle Kinder gratis. Weil dadurch deutlich mehr Schülerinnen und Schüler als bisher mitessen, hat der Beschluss des Abgeordnetenhauses viele Schulen in Mitte vor große logistische Herausforderungen gestellt. Gerade einmal fünf Monate hatten sie Zeit, um sich auf die Neuerung vorzubereiten. Irgendwie hat es dann in den allermeisten Fällen doch geklappt – auch wenn in vielen Grundschulen im Bezirk erstmal nur provisorische Übergangslösungen geschaffen wurden. In der Albert-Gutzmann-Grundschule in Wedding allerdings muss die komplette Küche umgebaut werden. Das sei aufgrund der technischen Anforderungen nicht kurzfristig umsetzbar, sondern müsse aufwendig geplant werden, wie aus der Antwort des Senats auf Anfrage von Maja Lasić (SPD) hervorgeht.
Ein Mittagessen werde es für die Kinder an der Schule aber trotzdem geben, sagt Spallek. Zwar werde es voraussichtlich nicht gelingen, die Mensa im Gebäude an der Pankstraße 70 vollständig fertigzustellen, weil insbesondere die Installation von Fettabscheider und Dunstabzugshaube einen längeren Vorlauf brauche. Es sei aber weiterhin das Ziel, die Räumlichkeiten – zumindest provisorisch – so herzurichten, dass diese für die Essensaufnahme genutzt werden können. Unabhängig von den Baumaßnahmen fand am 18. Juni fand ein Gespräch zwischen Bezirksamt, Schulleiterin und einer Mitarbeiterin des Caterers statt, um mögliche Verfahren für eine verspätete Fertigstellung der Mensa zu besprechen. Es gibt also einen Plan B. Und in den ersten beiden Schulwochen finden Projektwochen statt, sodass hier eine Kaltverpflegung durch den Caterer möglich ist.
Laura Hofmann ist Redakteurin für Landes-und Bezirkspolitik beim Tagesspiegel. Ihre erste Berliner Wohnung war im Wedding, hierher kehrt sie immer gerne zurück. Heute wohnt sie an der Grenze zwischen Mitte und Kreuzberg, die Türme vom Potsdamer Platz fest im Blick. Schreiben Sie ihr eine Mail oder folgen Sie ihr auf Twitter oder Facebook.