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von Julia Weiss
Veröffentlicht am 05.01.2022
das Vorkaufsrecht sollte Mieter:innen in Berlin vor Verdrängung schützen und Investor:innen unter Druck setzten. Nur wenn sich diese in sogenannten Abwendungsvereinbarungen zu Auflagen wie niedrigen Mieten und keine Umwandlung in Eigentum verpflichteten, sah der Bezirk davon ab, das Haus zugunsten von landeseigenen Wohnungsunternehmen, Genossenschaften oder Stiftungen vorzukaufen. Doch das Bundesverwaltungsgericht erklärte das Gesetz im November für regelwidrig. Das hat Auswirkungen auf laufende Verfahren im Bezirk Mitte.
In einem Fall muss der Bezirk ein Haus an den Käufer zurückgeben, weil das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen war. Betroffen sind dem Bezirksamt zufolge 15 Wohnungen in der Birkenstraße in Moabit. In zwei weiteren Fällen haben Käufer:innen Abwendungsvereinbarungen aufgekündigt. Sie wollen sich also nicht länger an die zugesicherten Auflagen halten. Betroffen sind je ein Haus in der Birkenstraße und am Leopoldplatz in Wedding. Das zeigt aber auch: Die meisten Eigentümer:innen halten sich weiterhin an die Vereinbarung.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen prüft momentan, wie künftig mit den bereits abgeschlossenen Abwendungsvereinbarungen umgegangen werden muss. Ein gewisser Schutz vor Verdrängung bleibt Mieter:innen, die in Mileuschutzgebieten wohnen. Dort sind beispielsweise Sanierungen und bauliche Maßnahmen genehmigungspflichtig. So sollen Mieter:innen vor Mieterhöhungen geschützt werden.
Im Bezirk Mitte leben laut Bezirksamt 40 Prozent der 385.000 Einwohner:innen in Milieuschutzgebieten, insbesondere in alten gründerzeitlichen Quartieren im Wedding und Moabit. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hatte Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) als „schweren Schlag für den Bezirk Mitte“ bezeichnet. „Dem Bezirk wird durch das Gerichtsurteil ein wirksames Mittel genommen, um die Verdrängung einkommensschwacher Haushalte zu bremsen“, sagte er nach dem Urteil.
Vor allem durch die Umwandlung in Eigentum verlieren Mieter:innen ihre Wohnungen. Gothe zufolge werden weniger Mietwohnungen neu gebaut, als durch Umwandlung in Eigentumswohnungen dem Mietermarkt entzogen werden. Demnach sinkt die absolute Zahl von Mietwohnungen in Mitte um etwa 2000 bis 3000 Wohnungen pro Jahr.