Kultur

Künstler kämpfen für ihre Ateliers in den Uferhallen

Veröffentlicht am 22.01.2020 von Julia Weiss

Im August ließ Karen Winzer eine Drohne über den Uferhallen im Wedding schweben – damit protestierte die Künstlerin gegen die Baupläne der Investorengruppe Augustus Capital. Seitdem die das Gelände 2017 kaufte, geht die Angst um unter den rund 70 ansässigen Künstlern. Sie fürchten, verdrängt zu werden. Denn neben den Ateliers sollen nun Wohnungen entstehen. Im Gespräch ist unter anderem ein großer Wohnturm. Entschieden ist allerdings noch nichts. Die Verhandlungen zwischen Bezirk, der Uferhallen AG und den Künstlern laufen seit zwei Jahren (wir berichteten). Die Investoren hinter Augustus Capital sind die Samwer-Brüder, bekannt als Gründer von Rocket Internet und Anteilseigner von Zalando.

In einem offenen Brief wenden sich die Künstler nun hilfesuchend an die Politik. „Wir Mieter*innen der Uferhallen, vertreten durch den Uferhallen e.V., übernehmen Verantwortung für die Entwicklung des Kulturstandortes Uferhallen“, heißt es darin. Der Vorschlag: Die Künstler wollen einen eigenen, abgeschlossenen Teil des Geländes per Erbpachtrecht übernehmen und selbst verwalten. Auf einer Seite wären dann die neuen Wohnungen, auf der anderen die Ateliers.

Die neue Uferhallen AG, die für die Investoren mit am Verhandlungstisch sitzt, hält allerdings nichts von diesem Vorschlag. „Eine Aufteilung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht ist sowohl aufgrund technischer und baurechtlicher Gegebenheiten am Standort nicht möglich, noch ist dies von uns gewünscht, da das Areal ganzheitlich und langfristig und nicht aufgeteilt und getrennt funktionieren soll“, teilt der Vorstand Felix Fessard auf Nachfrage des Tagesspiegels mit. Er versichert aber, die Künstler vor Ort halten zu wollen. „Für den Betrieb der Ateliers am Standort werden aktuell verschiedene Modelle geprüft, auch um eine bezahlbare und langfristige Nutzung zu ermöglichen.“

Die Künstler geben nicht viel auf diese Versprechungen. „Uns wurden zu Beginn günstige Mieten versprochen und plötzlich war doch von neun Euro Miete pro Quadratmeter die Rede“, sagt Heiner Franzen, der sein Atelier auf dem Gelände hat. Die Künstler seien bereit, Mieterhöhungen zu akzeptieren, aber nur wenn die Ateliers für alle bezahlbar bleiben und niemand verdrängt wird. Ein weiteres Problem für die Künstler sei der Bau von Wohnungen direkt neben und zwischen den Ateliers. Sie fürchten Beschwerden über Lärm, könnten dann unter Umständen nicht mehr draußen arbeiten.

Am kommenden Mittwoch wird die Zukunft der Uferhallen im Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks behandelt. Dann werden unter umständen neue Details der Planungen bekannt. Die Künstler wollen deshalb nun Druck machen. „Das Gelände war immer als ewiger Kulturstandort geplant“, sagt Franzen. „Der Umgang mit den Uferhallen wird Signalwirkung haben und zeigen, wie die Stadt mit Kulturstandorten umgeht und sie gegen Investoren verteidigt.“ – Text: Julia Weiss

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