Namen & Neues
So lief die Podiumsdiskussion zur Friedrichstraße
Veröffentlicht am 29.03.2023 von Julia Weiss
Für Mittwochabend letzter Woche hatte das Aktionsbündnis „Rettet die Friedrichstraße“ zu einer Podiumsdiskussion über die Zukunft der kontroversesten 500 Meter Straße aufgerufen, die Berlin derzeit zu bieten hat. Doch direkt bei der Anmoderation stellte Diskussionsleiter Frank Henkel vom Wirtschaftskreis Mitte fest: „Ein interessantes Podium – nur leider fehlen die Befürworter der autofreien Friedrichstraße“.
Angekündigt war, dass neben Staatssekretär Christian Gäbler (SPD) auch Mittes grüne Bezirksbürgermeisterin Stephanie Remlinger, Bezirksstadträtin Almut Neumann (Grüne) sowie Antje Osterburg vom Planungsbüro bo_[backoffice], das mit der Umgestaltung der Friedrichstraße beauftragt ist, an der Diskussion teilnehmen würden. Doch keine der Frauen war anwesend. Erst die Autos von der Friedrichstraße verbannen und sich dann vor der Diskussion drücken?
Tatsächlich hatte keine der vom Aktionsbündnis angekündigten Personen je ihre Teilnahme bestätigt – und erst acht Tage vorher überhaupt von dem anberaumten Streitgespräch erfahren. Remlinger ließ ausrichten: „Vielen Dank für die Einladung zur Podiumsdiskussion am 22. März. Leider sind sowohl ich als auch meine Kollegin Bezirksstadträtin Dr. Almut Neumann an dem Abend aufgrund anderer Termine verhindert. Wir möchten deshalb anregen, den Termin auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. (…) Wir freuen uns über einen neuen Gesprächsvorschlag, idealerweise mit einem Vorlauf von mindestens 14 Tagen.“
Im Falle von Remlinger und Neumann gab es immerhin noch eine Einladung. Chefplanerin Osterburg dagegen erfuhr eigenen Angaben nach erst aus der Zeitung von der Diskussion, an der sie angeblich teilnehmen sollte. Zu kurzfristig, um den Termin einrichten zu können.
So diskutierte und polterte am Mittwochabend im Restaurant Erdinger deshalb eine reine Männerriege unter einer goldgerahmten Fassung des bayrischen Reinheitsgebots über den ihrer Meinung nach Unsinn der Friedrichstraße. Ein Raunen ging dann nach einer Dreiviertelstunde durch den Raum, als sich doch ein Flaniermeile-Befürworter zu erkennen gab. „Ich bin Stefan Lehmkühler, der Erfinder der autofreien Friedrichstraße.“
Mit besonderem Interesse lauschten die Anwesenden an diesem Abend dem SPD-Staatssekretär für Bauen und Wohnen. Er grenzt sich an diesem Abend klar von den Entscheidungen des Verkehrssenats unter Führung von Bettina Jarasch (Grüne) ab und sagt mit Blick auf die Bürgerbeteiligung: „Das hätten wir anders gemacht. (…) Jetzt auf Biegen und Brechen die Friedrichstraße zu machen und Holzklötzchen hinstellen“ sei so nicht vereinbart gewesen.
Die Publikumsfrage jedoch, ob bei einer schwarz-roten Koalition im Senat mit einer Rückentwicklung der Straße zur Autostraße zu rechnen sei, bejahte Gäbler nicht. Denn mit der Entwidmung sei die Friedrichstraße nun zur Bezirkssache geworden, da der Bezirk Eigentümer ist. Und dort herrschten Mehrheitsverhältnisse (nämlich grüne), die eine Rückentwicklung enorm unwahrscheinlich machen. – Text: Sönke Matschurek