Namen & Neues

Die verlorenen Millionen der Kurt-Tucholsky-Grundschule

Veröffentlicht am 31.05.2023 von Julia Schmitz

An der Lehrter Straße baut die Groth-Gruppe in den kommenden Jahren ein neues Wohnviertel. In diesem Zusammenhang hatte sie sich vertraglich verpflichtet, die Erweiterung der Kurt-Tucholsky-Grundschule mit knapp 3,3 Millionen Euro zu unterstützen. Für die Schaffung der insgesamt 89 Schulplätze, die für 2024 geplant war, ist das Bezirksamt zuständig. Ende April war bekannt geworden, dass es die Fristen nicht einhalten kann – und dann keinen Anspruch mehr auf das Geld des Investors hat.

Ursache ist unter anderem die schleppende Abstimmung zwischen dem Schulamt und dem Hochbauamt. Aus internen Dokumenten geht hervor, dass das Schulamt wichtige Fragen zur Bedarfsplanung monatelang nicht beantwortet hatte. Zu dieser Zeit habe das Amt unter Personalmangel gelitten, heißt es. Politisch verantwortlich war damals Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU).

In einer thematischen Stunde am vergangenen Donnerstag wollten die Bezirksverordneten der Fraktionen der Grünen und Linkspartei wissen, wann das Bezirksamt absehen konnte, dass es den Termin nicht schaffen wird. Wäre es möglich gewesen, die Frist für die Sanierung des denkmalgeschützten ehemaligen Pförtnerhauses und den Schulneubau an der Kruppstraße zu verlängern?

Die Schaffung der avisierten Schulplätzen bis September 2024 wäre von Anfang an nur unter größter Anstrengung und Priorisierung ohne hinderliche Einflüsse, Einflussfaktoren und beim Vorliegen vollständiger Unterlagen möglich gewesen, sagte der neue Bildungsstadtrat Benjamin Fritz (CDU). Eine Fertigstellung innerhalb von vier Jahren von der ersten Planungsphase bis zur Übergabe der Schulplätze sei ohnehin kaum realisierbar.

Grund für die Verzögerungen seien neben Lieferengpässen durch den Ukraine-Krieg und die Pandemie auch Personalmangel im Bezirksamt, eine hohe Fluktuation im Schulamt und „mangelnder Wissenstransfer“, wenn keine ausführliche Einarbeitung neuer Mitarbeiter:innen in das Vorhaben erfolgte. Auch habe es wenige oder gar keine Bewerbungen auf die öffentlichen Ausschreibungen gegeben.

Und dennoch habe man im Bezirksamt lange an dem ursprünglichen Zeitplan festgehalten. „Bis einschließlich Juni 2022 heißt es in den Berichten noch, die 89 Schulplätze werden bis zum 30. Mai 2024 fertiggestellt“, so Fritz. Einen Monat später sei dann vom 15. September 2024 die Rede gewesen. „Die verschiedenen in Verantwortung stehen politischen Führungskräfte haben mehrmals und nachweislich auf die Dringlichkeit hingewiesen und bei Verzögerung um Rückmeldung gebeten“, sagt Fritz.

Eine neue Überprüfung habe gezeigt, dass auch der wenige Monate nach hinten verschobene Termin nicht realistisch ist. Die Taskforce „Schulbau-Offensive“, die seit März 2022 existiert, entschied sich daraufhin gegen die ursprüngliche Aufteilung des Projektes in zwei Bauabschnitte – einmal die Sanierung des Bestandsgebäudes und einmal der Erweiterungsbau – und für ein Gesamtkonzept.

Neues Ziel der Fertigstellung ist 2029. Dann aber mit mehr Schulplätzen: Bis zum Frühjahr 2027 soll die Sanierung des Bestandsbaus, bis Juli 2029 der Neubau fertiggestellt sein; beide Maßnahmen schaffen je 144 Plätze. Die knapp 3,3, Millionen Euro des Investors sind darin allerdings nicht mehr eingeplant, heißt es.

Aktuell prüft die Taskforce Schulbau, warum die ganze Sache derart schiefgelaufen ist. Anhand der Ergebnisse wolle man „etwaige Konsequenzen für künftiges verändertes Handeln in der Verwaltung“ diskutieren. Unabhängig davon prüfe das Bezirksamt aber bereits, ob die Millionen der Groth-Gruppe anderweitig eingesetzt werden können. Bezirksstadtrat Fritz hatte sich vor kurzem an den Investor gewandt, um diesen um Kulanz zu bitten und die Mittel nicht verfallen zu lassen. Vertraglich verpflichtet ist dieser dazu nicht.