Kiezgespräch

Veröffentlicht am 17.01.2024 von Julia Weiss

Was Newsletter-Leserinnen und Leser über Tempo 50 statt 30 denken. Vergangenen Woche hatte ich Sie um Ihre Meinung zu einem Vorhaben der Berliner CDU gefragt. Auf einer Reihe von Hauptverkehrsstraßen sollen Autos, Busse und Lkw künftig wieder schneller als bisher unterwegs sein dürfen. „Rund 30 Hauptstraßen werden bis Mitte 2024 wieder auf Tempo 50 von Tempo 30 erhöht“, hieß es in einem Vorschlagspapier.

In Mitte betrifft das wie berichtet die Potsdamer Straße, Torstraße, Turmstraße und Invalidenstraße. Vielen Dank für die vielen interessanten Mails, die mich dazu erreichten. Dazu ein Überblick:

Martin Rudnick: „In diesem Jahr sind schon drei ältere Fußgänger von Autos tot gefahren worden. Da scheint die Ankündigung der CDU, die Tempo-30-Zonen aufzugeben, nur noch zynisch zu sein. Auch ich bin lebensälter und möchte in Zukunft sicher im Bezirk Mitte zu Fuß meine Wege gehen können. Wie viele im Bezirk habe ich schon vor vielen Jahren mein Auto abgeschafft.“

Uwe Harald Sajonski: „Solange die Ampelphasen bei Tempo 30 weiter auf Tempo 50 angepasst sind, ist ein höherer CO₂-Ausstoß vorprogrammiert. In der Invalidenstraße stehe ich an jeder Ampel bei Tempo 30. Unglaublich! Große Hauptverkehrsstraßen sollten auf Tempo 50 bleiben, um den Verkehr in der Stadt nicht gänzlich zum Erliegen zu bringen.“

Elvira Hanemann: „Ich wohne nahe der Turmstraße in Moabit und finde es wirklich schlimm, dass Tempo 30 wieder abgeschafft werden soll. Es stimmt einfach nicht, dass deshalb angeblich mehr Autos in den Nebenstraßen fahren. Ich bin verzweifelt über die neue, aber eigentlich ja sehr alte bzw. anachronistische Verkehrspolitik des Senats. Wir brauchen dringend weniger Autos, besseren ÖPNV, mehr breite und sichere Fahrradwege, überall Tempo 30 – aber das Gegenteil passiert. Hat der neue Senat schon mal was von Klimaschutz gehört? Oder davon, dass Tempo 30 Menschenleben schützt? Sieht leider nicht so aus.“

Ana Villegas: „Ich lebe seit 23 Jahren in der Torstraße und ehrlich gesagt sollte man nicht so viel über 30 oder 50 km/h sprechen, sondern vielmehr über die andauernden Baustellen, Straßensperrungen. In all diesen Jahren habe ich noch nie jemanden rasen sehen und erst recht nicht mit 80 km/h, dafür habe ich jedes Jahr eine Baustelle auf der Torstraße. Ich bin für 50 km/h, weil diese Straße auch für viele der Arbeitsweg ist.“

Elisabeth Dorothea Lüneburg: „Als Seelsorgerin in der Kinderklinik der Charité und Trauerberaterin habe ich viele durch Raserei schwer verletzte und sterbende Kinder und ihre Eltern, Großeltern, Geschwister und Mitschüler begleitet. Mit Tempo 30 gibt es die Chance der Minimierung der Unfallrisiken. Wie Longitudinal-Studien erwiesen haben, ist das Unfall- und Verletzungsrisiko bei Tempo 50 wesentlich höher. (…) Zum Schutz unserer Kinder und zum Schutz von körperlicher Unversehrtheit und zur Vermeidung von tiefen seelischen Verlustschmerzen in den Familien appelliere ich an alle Verantwortlichen, Tempo 30 beizubehalten.“

Claus Runge: „Es ist eigentlich ziemlich egal, ob in der Straße 30 km/h oder 50 km/h gelten. Da hält sich keiner dran. Und in den zehn Jahren, die ich hier wohne (Leipziger Straße) habe ich auch noch niemals eine Radarkontrolle hier bemerkt. Wichtiger wäre, dass man die Ampeln so programmiert, dass man in einem Rutsch über die sechsspurige Straße kommt. Das kann ja eigentlich nicht so schwer sein.“