Nachbarschaft
Veröffentlicht am 03.11.2017 von Laura Hofmann

Antje Menz betreibt das Moabiter Kiezcafé „Natürlicher Lebensraum – Kaffee & Kuchen“ in der Jonasstraße. Dort bietet sie vor allem Kuchen an, der jeden Tag frisch gebacken wird, nach Omas alten Rezepten. Im Zuge der Aufwertung der Straßen rund um die Arminiusmarkthalle wird die Jonasstraße seit April saniert, was für Menz Baustelle auf ihrer Café-Terrasse bedeutet. Eigentlich sollten die Maßnahmen im Juni abgeschlossen sein, doch – typisch Berlin – nun wird immer noch gebaut.
Frau Menz, Sie sammeln derzeit mit einer Crowdfunding-Kampagne Geld für Ihr Café in Moabit. Warum?
Im Frühjahr dieses Jahres ergab sich die Möglichkeit, die benachbarte Gewerbefläche zu mieten und mein kleines Café zu erweitern. Mehrere Stammgäste gaben zur Finanzierung Privatdarlehen. Leider hielt zeitgleich die besagte Baustelle vor unserer Tür Einzug. Die ersten Wochen während der Bauarbeiten blieb unser Geschäft trotz Lärm und Schmutz stabil, doch im Sommer blieben die Gäste aus. Unsere Terrassenfläche vor dem Café wurde komplett aufgerissen und der Zugang für die Gäste äußert beschwerlich. Wir schrieben rote Zahlen und brauchten jegliche finanzielle Polster auf. Die Umbaumaßnahmen in den neuen Räumlichkeiten sind ins Stocken geraten.
Da ich nicht gewillt bin, an diesem Punkt aufzugeben, habe ich ein Crowdfunding-Projekt initiiert. Mit Hilfe einer großen Gemeinschaft und unseren Gästen hoffe ich, die benötigte Summe von 15.000 Euro zusammen zu bekommen. Mein Weg mit dem Café war oft schwierig und schien manchmal aussichtslos, aber ich habe hart gekämpft und konnte mich bisher immer durchsetzten und meine Ziele erreichen. Mit Stolz kann ich sagen, dass wir schon über 5000 Euro zusammen haben. Wenn wir die benötigte Summe innerhalb von 16 Tagen erreichen, können wir mit den geplanten Umbaumaßnahmen fortfahren und die neuen Türen zum Jahreswechsel öffnen.
Wieso haben sich die Bauarbeiten vor ihrer Tür so verzögert?
Zum einen glänzte die Baufirma leider lediglich durch Missmanagement und Abwesenheit wegen Personalmangel. Außerdem wurden viele Arbeitsschritte falsch geplant. Desweiteren haben die einzelnen Versorgungswerke – Vattenfall, Wasserbetriebe, Gasag – nicht ausreichend kommuniziert, sodass die Bauarbeiten phasenweise ruhen mussten, bis das jeweilige Werk seine Arbeiten durchführte. Der bereits neu gepflasterte Gehweg wurde mehrfach wieder aufgegraben, weil Vattenfall erneut an die Leitungen musste. Der Gehweg und unsere Terrassenfläche vor dem Café waren monatelang für Gäste und Nachbarn blockiert und nur äußerst beschwerlich passierbar. Zum anderen gibt das zuständige Tiefbauamt aus unbekannten Gründen die dringend benötigten Genehmigungen für den nächsten Bauabschnitt in der gleichen Straße nicht frei. Dies hat somit auch zur Folge, dass das Baumaterial und die Baufahrzeuge in der unfertigen Baustelle lagern müssen.
Was sind Ihre Pläne für das Kiezcafé?
Seit der Eröffnung des Cafés im April 2013 habe ich gemeinsam mit meinen Gästen und Mitarbeitern eine spannende Reise mit viel Zuspruch erlebt. Nun steht der nächste Schritt an und das Café vergrößert sich um weitere 70 Quadratmeter Gewerbefläche und ich erweitere das Angebot. Da meine Küche zu klein geworden ist, um den süßen Bedarf an Kuchen und Gebäck zu decken, wird sie in die neuen Räumlichkeiten umziehen und um weitere Schränke, Kühlschränke und Öfen erweitert. Wir schaffen auch nicht nur weitere Sitzplätze, sondern erweitern das Geschäftsfeld um Tea- und Dinnerparties, Backkurse, Sonntagsbrunch und mehr. Erfolgreich geworden ist das Café durch den selbstgebacken Kuchen. Wir backen täglich frisch und saisonal nach Omas alten Rezepten. Unsere Gäste fühlen sich an ihre Kindheit erinnert.
Welchen Beitrag will Ihr Café für den Kiez leisten?
Die Moabiter schienen regelrecht ausgehungert nach etwas „Schönem“ und erfreuen sich seit Beginn sehr an meinem Café, dem selbstgebackenen Kuchen, dem köstlichen Kaffee und dem liebevollen Service. Schon bald konnte ich erste Mitarbeiter einstellen, da ich das Tagesgeschäft nicht mehr alleine bewältigen konnte. Das Café ist zu einem Wohnzimmer im „rauen“ Moabit und zweitem Zuhause für viele Stammgäste geworden. Der Name „Natürlicher Lebensraum“ wird jeden Tag lebendig. Unsere Gäste finden bei uns längst vergessene Lebensqualität und junge Moabiter Studenten einen Arbeitsplatz um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Wir haben einen Ort der Entschleunigung und Begegnung geschaffen, auf den die Moabiter stolz sind und für sich erobert haben.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute@tagesspiegel.de