Nachbarschaft
Veröffentlicht am 16.01.2019 von Corinna Cerruti
Susanne Torka, 65 Jahre alt, engagiert sich schon seit den 80-er Jahren gegen Verdrängung und Mietsteigerungen in Moabit.
Als Mitbegründerin der Initiative „Wem gehört Moabit?“ hat sie zu mehr Transparenz und Aufklärung auf dem Wohnungsmarkt beigetragen. Mit einer Fragebogenaktion im Jahr 2010 konnte die Initiative die Eigentümerverhältnisse bei über 53 Prozent der Haushalte in Moabit-Ost aufklären. Die darauf aufbauende Crowdmap, eine digitale Karte von Moabit, zählt mittlerweile über 600 Einträge zu Ereignissen rund um Gentrifizierung, Häuserverkäufe, Umwandlung in Eigentumswohnungen, Modernisierung oder Mieterhöhungen sowie Leerstand.
Was war der Anlass für „Wem gehört Moabit“? Als 2009 eine ausländische Fondsgesellschaft schon wieder ganze Wohnblöcke aufkaufte, haben wir – Betroffene sowie Interessierte – diese Initiative gegründet. Wir dachten, es muss etwas geben, das die Veränderungen im Straßenbild aufzeigt. Daraufhin haben wir die Fragebogenaktion ins Leben gerufen. 10.000 Fragebögen wurden an Haushalte in Moabit-Ost verteilt mit dem Aufruf, die Eigentümerverhältnisse der Gebäude einzutragen. Die Auswertung hat über ein Jahr gedauert, teilweise mussten wir noch händisch nachrecherchieren, da manche Mieter*innen den eigentlichen Eigentümer*innen gar nicht kannten. Schließlich konnten wir 53 Prozent der 820 Hausnummer aufklären. Davon liegt der größte Anteil in der Hand von Großeigentümer*innen bzw. Investmentfonds – rund 46 Prozent. 21 Prozent sind private Eigentümer*innen, Städtische Wohnungsbaugesellschaften haben nur einen Anteil von zehn Prozent in Moabit-Ost.
Wie ging es nach der Aktion weiter? Viele Anwohner*innen sind aktiv geworden, haben sich beteiligt oder eigene Initiativen gegründet. Viele haben unsere Aktion auch gelobt und wollten, dass wir sie auf ganz Moabit ausweiten. Das war personell aber einfach nicht zu stemmen. Deswegen haben wir die Crowdmap ins Leben gerufen, eine digitale Karte, in die alle Nutzer*innen Ereignisse eintragen und kommentieren können. Aktuell betreue ich die Karte. Abgesehen davon ist der Andrang leider wieder etwas abgeklungen. Am aktivsten ist der „Runde Tisch gegen Gentrifizierung“ aus Moabit-West, den ich mitorganisiere. Jeden 2. Dienstag im Monat sprechen wir über aktuelle Entwicklungen im Moabiter Wohnungsmarkt. Immer wieder nehmen Anwohner*innen an diesen Treffen teil, um ihre Probleme zu schildern und Rat zu suchen.
Warum engagieren Sie sich schon so lange für Moabit? Es ist nötig und wichtig, dass unsere Innenstadt gemischt bleibt, dass es sich nicht ausdividiert und in einem Viertel nur die Reichen wohnen. Da fühl ich mich nicht wohl. Ich möchte die Berliner Mischung behalten.
Alle Informationen zu „Wem gehört Moabit“ und dem „Runden Tisch gegen Gentrifizierung“ finden Sie hier. Ereignisse zur Crowdmap können Sie hier hinzufügen. „Wem gehört Berlin?“, die Crowdrecherche von Tagesspiegel und Correctiv finden Sie hier.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute@tagesspiegel.de