Nachbarschaft
Veröffentlicht am 02.05.2019 von Laura Hofmann

Das Künstlerpaar Elisa Duca und Robin Detje macht Kunst für Moabit aus Moabit.
Für Ihre Installation „Processing: Moabit“ haben Sie Moabiter aufgerufen, Ihnen mit Bedeutung aufgeladene Alltagsgegenstände zu leihen oder zu überlassen. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Detje: Wir haben schon einige Processing-Projekte gemacht, auf der ganzen Welt. Dabei werfen wir uns immer voll in die Stadtviertel, die Städte und Länder, mit denen wir es zu tun haben. Jetzt sind wir in unserer Heimatstadt angekommen, und da wollten wir uns auch mal von den Anwohnern bewerfen lassen. Wir bekommen nicht nur die verrücktesten Dinge zu sehen, wir hören auch rührende Lebensgeschichten. Wir bauen davon in unsere Installation ein, was wir nur können.
Welche Beziehung haben Sie zu dem Stadtteil und was sind Ihre Lieblingsorte im Kiez?
Duca: Bei „Processing“ geht es immer um das Fremde und das Vertraute. Wir haben viel in der Fremde gearbeitet, in Indien, in Taiwan oder im fernen Dresden, und versucht, uns das Fremde vertraut zu machen. Wir haben die Alltagsgegenstände der Menschen genommen und in einen Zusammenhang versetzt, der sie ihnen fremd gemacht hat. Moabit ist natürlich eine besondere Herausforderung, weil Berlin uns vertraut ist. Wir leben schon lange hier.
Detje: Aber wir wohnen in Mitte, da war Moabit uns auch erstmal fremd. Und dann war es völlig entwaffnend. Nirgendwo ist man uns so offen begegnet wie hier. Wir sagen dem Kiez, dass er unser Material ist, und der Kiez strahlt uns an. Im internationalen Freundlichkeitsvergleich rangiert Moabit eindeutig an erster Stelle. Unser Lieblingsort hier ist ganz Moabit.
Das Kunstwerk soll sich während der Ausstellungszeit auch weiterentwickeln. Wie kann man sich das vorstellen?
Duca: Unsere Arbeiten sind performative Installationen, prozesshafte Landschaften. Wir beobachten das Leben vor Ort. Und die Dinge, die die Menschen in ihren Leben benutzen. Wir glauben dass Dinge genauso „performen“ wie die Menschen. Wir bauen eine Objektlandschaft, die sich ständig verändert. Es gibt eigentlich keinen Schlusspunkt, irgendwann müssen wir die Galerie Nord einfach wieder räumen.
Detje: Einige Termine haben wir als performative Interventionen angekündigt, aber wir tauchen auch unangekündigt auf und bauen um. Am 25. Mai kommen die Levetzowgirls, ein Chor aus geflüchteten Mädchen, der sich in Moabit gebildet hat – mal sehen, was die machen. Und am nächsten Tag wird die Installation zum Wahllokal für die Europawahl, das finden wir auch sehr toll.
Warum sollten sich Moabiter und andere Ihr Werk in der Galerie Nord des Kunstvereins Tiergarten anschauen?
Detje: Aus Neugier natürlich. Und um den eigenen Kunstbegriff zu überprüfen. Um zu fragen: Erkenne ich mich, meinen Kiez da wieder? Sehe ich ihn vielleicht völlig neu? Natürlich auch, um die ewige Frage zu beantworten: Ist das Kunst oder kann das weg?
Duca: So eine dumme Frage. Natürlich ist es Kunst. Wir übertragen das, was wir auf der Straße, in Läden und auf Dachböden finden, in einen von uns gestalteten ästhetischen Raum. Wir geben ihm eine neue Gestalt. Das muss Moabit aushalten.
Die performative Installation von Elisa Duca und Robin Detje ist vom 4. Mai – 1. Juni in der Galerie Nord/Kunstverein Tiergarten in der Turmstraße 75 in Moabit zu sehen. Eröffnung: 3. Mai, 19 Uhr, Finissage: 31. Mai, 19 Uhr. Öffnungszeiten: Di-Sa 13-19 Uhr.
Foto: Anders Bigum