Nachbarschaft
Veröffentlicht am 22.01.2020 von Julia Weiss
Diskriminierung an Schulen ist nicht nur zwischen Schülern ein Problem, sondern auch zwischen Lehrern und Schülern. Im Wedding, wo überdurchschnittlich viele Kinder einen Migrationshintergrund haben, startet der Verein „Narud“ (Network African Rural and Urban Development) kommende Woche ein Projekt für diskrimierungsfreie Bildung. Geleitet wird es unter anderem von Siga Mbaraga (rechts im Bild). Gemeinsam mit ihrer Kollegin Eleonora Roldán Mendívil will sie in Schulen gehen und Lehrer, Schüler und Eltern für Diskriminierung sensibilisieren.
„Wenn Lehrkräfte Schüler*innen diskriminieren, hat das sehr weitreichende Folgen, weil die Schule ein sehr hierarchischer Ort ist und Lehrkräfte Macht haben“, sagt Mbaraga. Dass zum Beispiel Kinder mit ausländischem Namen tendenziell schlechter benotet werden, hat eine Studie der Universität Mannheim gezeigt: Max und Marut schrieben ein Diktat mit gleich vielen Fehlern. Eine Gruppe von 204 Pädagogen sollten die Arbeiten bewerten. Das Ergebnis: Marut erhielt schlechtere Noten.
Bei ihrer Arbeit im Verein „Narud“ hört Mbaraga von diskriminierenden Vorfällen an Berliner Schulen. „Das muss nicht immer bewusst passieren“, sagt sie und erzählt von einem Beispiel: Eine Lehrerin habe ein Mädchen nach ihrer Herkunft gefragt. Als das Mädchen Berlin antwortete, habe die Lehrerin nachgehakt: Nein woher kommst du wirklich? „Weil das Mädchen ein Kopftuch trug, wurde die Antwort, Berlin, nicht akzeptiert. Dem Kind signalisiert das: Du gehörst nicht dazu.“
Um Lehrer und Schüler für Diskriminierung zu sensibilisieren, gehen Mbaraga und Roldán Mendívil ab kommender Woche in Schulen in Wedding. „Zuerst wollen wir mit den Schülern sprechen und sie fragen, was sie sich wünschen, wo es Probleme gibt“, sagt sie. Für Lehrer und Eltern soll es Gespräche und Workshops geben. Ein Problem sei auch das Klischee von den „bildungsfernen Eltern“, die sich nicht für die Ausbildung ihrer Kinder interessieren. In Gesprächen mit Eltern habe Mbaraga festgestellt, dass diese oft große Hemmungen haben, in die Schulen zu gehen. Sie will Eltern in Workshops ermutigen, sich mehr einzubringen. Und ihnen zeigen, wie sie ihre Kinder besser unterstützen können.
Finanziert wird das Projekt vom Senat und einer Förderung aus EU-Mitteln. Mitmachen können Schulen, die in Wedding Zentrum, Osloerstraße oder im Parkviertel liegen. Die Auftaktveranstaltung findet am 29. Januar ab 17.15 Uhr in der Ernst-Schering-Schule statt. An einer Podiumsdiskussion werden Vertreter anderer migrantischer Vereine, die das Projekt auch unterstützen werden, und der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus, Sebastian Walter, über sinnvolle Strategien gegen Diskriminierung sprechen. Die Veranstaltung ist öffentlich, um eine Anmeldung per Mail wird gebeten: bildungsnetzwerk@narud.org
Text: Julia Weiss, Foto: Matthias Gutmann
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