Nachbarschaft

Veröffentlicht am 29.01.2020 von Laura Hofmann

Viet N. aus Wedding hat seine Miete um 176 Euro monatlich reduziert. Und das ganz ohne Mietendeckel. Der 26-jährige Angestellte bei einem Softwareunternehmen ist im September 2017 an die Osloer Straße gezogen. Schon bevor er den Mietvertrag für die Drei-Zimmer-Wohnung, die er mit zwei Mitbewohnern teilt, unterschrieben hatte, bemerkte er, dass die Miete zu hoch war. „Mir war es nach mehrmonatiger Suche einfach wichtig, eine Wohnung zu bekommen“, sagt er. Die 86 Quadratmeter kosteten 1252 Euro nettokalt. Das ist deutlich mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete.

Dabei besagt die Mietpreisbremse, die in Berlin gilt, dass Mietverträge, die ab dem 1. Juni 2015 geschlossen wurden, die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens 10 Prozent übersteigen dürfen – es sei denn, es handelt sich um Neubau oder den Erstbezug nach umfassender Sanierung. Viet N. wandte sich nach einiger Recherche deshalb an das Berliner Start-up wenigermiete.de, das für ihn einige Einigung mit seinem Vermieter, der Immobilienagentur Helvetica, erzielte. Einen ersten Vorschlag über eine Reduktion der Miete von 30 Euro lehnte N. ab. Am Ende erreichte er eine um 176 Euro vergünstigte Miete und zahlt jetzt 1076 Euro im Monat.

Die Ersparnis für vier Monate bekommt das Start-up als Honorar. Zwar geht N. davon aus, dass er noch immer mehr Miete zahlt, als gesetzlich vorgesehen. Aber er war froh, das Kapitel ohne ein Gerichtsverfahren abzuschließen. Inzwischen sei die Betriebskostenvorauszahlung für seine Wohnung um 30 Euro gestiegen. N. vermutet, dass der Vermieter die entstandenen Mindereinnahmen damit kompensieren möchte. Ein Teil der Hausverwaltung wurde inzwischen von der Deutsche Wohnen übernommen.

Das Verhältnis zu seinem Vermieter habe sich durch die Verhandlungen nicht verschlechtert, sagt N. Der für sein Gebäude zuständige Manager habe sich auch vorher schon kaum zurückgemeldet. Die Haustür sei schon seit April 2019 defekt, so dass sie sich einfach öffnen lasse.

Durch das verabschiedete Mietendeckel-Gesetz könnte N. nochmal deutlich Miete sparen. Ab Ende des Jahres können Mieten, die mehr als 20 Prozent über den von der Senatsverwaltung definierten Obergrenzen liegen, abgesenkt werden. Juristisch durchsetzen müssen das jedoch die Mieter selbst.

Bei wenigermiete.de ist man eher skeptisch gegenüber dem neuen Gesetz. Die Juristen rechnen zunächst nicht mit einem Ansturm an Mietern, die ihre Miete absenken lassen wollen. „Wir haben Bedenken, dass der Mietendeckel vor Gericht Bestand hat“, sagt Frauke Hinrichsen. „Wir hoffen, dass die Leute weiter die Mietpreisbremse anwenden.“

Foto: Jürgen Hanel/imago

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