Nachbarschaft
Veröffentlicht am 05.02.2020 von Julia Weiss
Eigentlich ist Robert Patz Architekt, aber Kunst im öffentlichen Raum ist schon länger seine Leidenschaft. Nun hat er den „Joanes Preis“ der gleichnamigen Stiftung gewonnen und kann ein Wunschprojekt in die Tat umsetzen: Einen Dokumentarfilm über den Ackerplatz im Brunnenviertel drehen und dadurch die sehr diverse Nachbarschaft näher zusammenbringen. „Von meinem Projekt soll etwas bleiben“, sagt er.
Der Ackerplatz ist kein öffentlicher Platz, sondern liegt an der Ackerstraße auf einem Grundstück der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Degewo – umgeben von typischen 80er-Jahre-Bauten. Ab Juli werden die anliegenden Häuser saniert und der Platz soll sich zu einem Zentrum des Stadtquartiers weiterentwickeln. Durch das Filmprojekt soll schon vorher ein nachbarschaftliches Gefühl entstehen.
In filmischen Porträts wird der Künstler die Anwohner vorstellen: Den Kneipenbesitzer, die alte Dame aus dem fünften Stock, die Großfamilie, den Ladenbesitzer. Jeder kann mitmachen. „Oft kennen sich Nachbarn nur flüchtig, grüßen vielleicht mal“, sagt Patz. „Sehen sich diese Menschen dann auf der Leinwand und erfahren mehr übereinander, stellt das eine Verbindung her.“ Gleichzeitig entsteht ein Sozialporträt über das Viertel.
Die Ackerstraße ist eine besondere Gegend. „Die Straße war früher durch die Mauer geteilt“, sagt Patz. „Dadurch wohnten die Menschen im unbeliebten Randgebiet. Jetzt finden sie sich mitten in der Stadt wieder.“ Im Osten grenzt die Ackerstraße an die Torstraße, diese Gegend ist stark gentrifiziert, mit Galerien und schicken Cafés. Im Westen, wo auch der Ackerplatz liegt, hat sich weniger verändert. „Hier leben die Menschen teilweise schon sehr lange, auch viele türkische Familien“, sagt Patz. Themen wie Migration, Gentrifizierung und die Angst vor Verdrängung will er im Film behandeln.
Von Mai bis Juni wird der Filmemacher ein kleines Büro auf dem Ackerplatz eröffnen. Dort will er Anwohner treffen, um mit ihnen am Film zu arbeiten. Im Anschluss findet ein Sommerfest statt, bei dem Patz sein Rohmaterial zeigen wird und zwei weitere Filme: „Das Mädchen aus der Ackerstraße“ aus dem Jahr 1920 und „Berlin-Milieu: Ackerstraße 1973“ .
Die Ausstellung mit allen 53 eingegangenen Wettbewerbsideen zum „Joanes Preis“ für den Ackerplatz ist noch bis zum 9. Februar Mittwoch bis Sonntag von 16 bis 20 Uhr in der „Waschküche“ in der Feldstraße 10 zu sehen.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute@tagesspiegel.de
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