Nachbarschaft
Veröffentlicht am 22.07.2020 von Julia Weiss

Clärchens Ballhaus hat wieder geöffnet – mit einigen Veränderungen. Meine Kollegin Rilana Kubassa hat sich dort auf einen Rundgang mit der neuen Chefin Bianca Zedler getroffen:
Das Lametta an den Wänden musste aus Brandschutzgründen weichen, jetzt ist dort eine Tapete im Look von altem Rohputz angebracht. Statt in langen Reihen stehen die alten Holztische jetzt einzeln. Sie sind eingedeckt mit goldumrandeten Tellern und Stoffservietten. „Wegen der Corona-Richtlinien mussten wir auf die Tafeln verzichten. Wir haben die aktuellen Vorgaben dann gleich in unser Konzept eingebaut“, sagt Bianca Zedler, die neue Betriebsleiterin.
Bianca Zedler ist 34 und arbeitet seit 18 Jahren in der Gastronomie. Bevor sie nach Berlin kam, arbeitete sie unter anderem im Adlon und eröffnete für Tim Raue seine drei „Colette“-Restaurants in München, Konstanz und Berlin. Das Clärchens kannte die gebürtige Rheinländerin vorher nicht. Aber sie habe ein Faible für alte Häuser mit Tradition. Sie erzählt, dass sie sich in das Clärchens gleich verliebt hat. „Ich habe das Gefühl, das basiert auf Gegenseitigkeit.“
Auf die Frage, ob sie sich sogar als das neue „Clärchen“ sieht, winkt sie lachend ab. „Nein, die Fußstapfen sind zu groß – vor allem für meine kleinen Füße.“ In ihrem schlichten Kleid kann man sie sich aber trotzdem gut als Vollblut-Gastgeberin vorstellen. „Ich finde es toll, dass das Clärchens vorwiegend von Frauen geführt wurde. Es ist mir eine Ehre, dass ich die Aufgabe übernehmen darf.“
Das „Shabby“-Konzept zieht sich bis in den Wintergarten, der zuvor den Rauchern vorbehalten war. „Dies ist unser Private Dining Room“, erklärt Zedler. „Der ist natürlich für jeden zugänglich, aber man hat mehr Ruhe und einen Blick auf den hinteren Biergarten.“ Geraucht werden soll nur noch draußen. Auch dort stehen jetzt kleine Tische unter den Bäumen, es wirkt größer als vorher. „Wir haben viel aufgeräumt und Platz geschaffen.“ Insgesamt könne man draußen etwa 270 Plätze anbieten. Der Spiegelsaal, wo es schon wieder eine kleine Hochzeit gegeben habe, wurde nicht verändert, da er unter Denkmalschutz steht – wie seit einigen Monaten auch die Wandvertäfelung an der neu gestalteten Bar und die Außenfassade des Gebäudes.
2022 ist eine weitere Schließung wegen Bauarbeiten geplant. Dann sollen unter anderem die Leitungen erneuert werden – und eine größere Küche muss her. Viel Raum für bauliche Veränderungen gibt es nicht. Aber das sei auch gar nicht das Ziel, sagt Zedler. „Wir wollen den Berlinern ja nichts wegnehmen.“ Die Geschichte und die Tradition des Hauses sollten gewahrt werden. – Foto: Kitty Kleist-Heinrich/Text: Rilana Kubassa
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