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von Madlen Haarbach
Veröffentlicht am 05.08.2020
am Freitag, 7. August, um 9 Uhr soll die Kiezkneipe „Syndikat“ polizeilich geräumt werden. Wie berichtet, haben Kneipenkollektiv und Unterstützer*innen eine Kundgebung durchgehend bereits ab dem Vorabend angemeldet. Auch für die Räumung selbst wird zu breiten Protesten mobilisiert, ab 17 Uhr ist eine Demonstration vom Herrfurthplatz zur Werbellinstraße angekündigt (twitter.com). Man kann davon ausgehen, dass Unterstützer*innen mit Barrikaden und ähnlichem versuchen werden, gegen die Räumung zu protestieren – ähnlich wie 2017 bei der Räumung des Kiezladens „Friedel 54“.
Laut Polizei sind insgesamt drei Kundgebungen im Umkreis der Kneipe mit jeweils rund 100 bis 200 Personen angemeldet. Die bereits für Donnerstagabend vor der Kneipe angemeldete Kundgebung wurde – laut Angaben des Kneipenkollektivs – mittlerweile von der Versammlungsbehörde verlegt. Dagegen wolle der Anmelder Einspruch via Eilverfahren einlegen, teilte das Kollektiv mit. Das Kollektiv wirft der Polizei eine „bewusste Verzögerungstaktik“ vor, da Auflagen erst kurzfristig mitgeteilt worden seien – obwohl die Demonstration bereits am 17. Juli angemeldet worden sei. Auch ein Kooperationsgespräch sei erst am heutigen Mittwoch angeboten worden.
Sollte die Räumung tatsächlich stattfinden, wovon man wohl ausgehen kann, wollen Linksautonome am Freitag ab 21 Uhr auch vor anderen räumungsbedrohten linken Projekten dezentral und spontan protestieren. Genaue Orte sollen erst kurzfristig bekannt gegeben werden.
Am vergangenen Samstag demonstrierten bereits rund 2500 Menschen gegen die angekündigte Räumung unter anderem des „Syndikats“. Die Polizei löste die Demo nach weniger als einer Stunde auf, es kam zu absurden Jagdszenen zwischen Demonstrant*innen und Polizist*innen (hier ein Video). Zuvor sollen Autonome ein Neubauprojekt und unbehelmte Verkehrspolizist*innen mit Steinen beworfen haben (tagesspiegel.de). Mehrere Menschen – darunter Polizist*innen und Demoteilnehmer*innen – wurden verletzt. Neben dem Neubauprojekt, in dem hochpreisige Luxuswohungen entstehen sollen, wurde unter anderem auch die Geschäftsstelle der Neuköllner SPD in der Hermannstraße angegriffen.
„Der Einsatz für eine bezahlbare Stadt kann nur gemeinsam auf Augenhöhe stattfinden. Übergriffe und Sachbeschädigungen, wie Angriffe auf Parteibüros, gehören nicht dazu. Das schädigt die politischen Ziele. Gewalt kann und darf nie Mittel der politischen Auseinandersetzung in einem demokratischen System sein. Es ist klar, dass wir uns natürlich weiter für eine bezahlbare Stadt einsetzen und uns nicht einschüchtern lassen“, erklärte anschließend Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD). Falko Liecke, stellvertretender Bezirksbürgermeister (CDU), erklärte in einem Facebookpost, er sei „froh, wenn es (Anm: die Räumung) vorbei ist“.
Madlen Haarbach ist Redakteurin im Berlin-Ressort beim Tagesspiegel. Sie freut sich über Kritik, Anregungen und Tipps bei Twitter oder per E-Mail.