Namen & Neues

Schöneweider 20 wollte Verkauf des Hauses verhindern

Veröffentlicht am 17.04.2019 von Madlen Haarbach

„Hilfe, wir wurden verkauft!“, heißt es auch aus der Schöneweider Straße 20 im Richardkiez. Lange sah die Situation hier etwas anders aus: Die Bewohner*innen wollten einschreiten, bevor das Haus überhaupt verkauft wurde. Am Dienstag dann jedoch doch die Nachricht: Der Kaufvertrag wurde unterzeichnet, das Haus geht an einen Privatinvestor. Nach einem Erbstreit wurde das Haus von den privaten Eigentümer*innen verkauft. „Wir haben die einmalige Chance, noch vor Vertragsabschluss eine bessere Alternative zu finden und in Verhandlungen zu gehen“, hatten die Mieter*innen vorher verkündet. Sie haben einen Hausverein gegründet und wollten neue Wege gehen, noch bevor Maßnahmen wie das Vorkaufsrecht greifen.

Dafür hatten sie sich verschiedene Maßnahmen überlegt: Einerseits wollten sie die Noch-Eigentümer*innen umstimmen und ihnen bessere Käufer*innen vorschlagen, konkret Genossenschaften und städtische Baugesellschaften. Diese Möglichkeit entfällt nun. Die Mieter*innen überlegen allerdings auch, ob sie selbst als Käufer*innen auftreten könnten. „Bei unserer Recherche sind wir auf verschiedene Modelle gestoßen, die es ermöglichen würden, das Mietshaus mit Hilfe von Stiftungsgeldern und Direktkrediten zu erwerben und gemeinschaftlich zu verwalten“, so die Mieter*innen. Nun will der Hausverein in erster Linie auf „eine harte Abwendungsvereinbarung sowie die Verantwortung der Politik pochen und für die Ausübung des Vorkaufsrechts des Bezirks Neukölln mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen.“

Mieterin Christin Schüller betont: „Wir kämpfen weiter!“ Noch am Dienstagabend haben die Mieter*innen über den Käufer recherchiert. Erste Eindrücke lassen sie schlimmes befürchten: Der Investor verkündete offenbar, besonders gerne im Milieuschutz zu kaufen – denn hier könne man „auch mit Bruchbuden ohne große Modernisierungen Gewinn machen“, berichtet Schüller.

In dem Haus leben 50 Personen zwischen 0 und 63 Jahren, einige davon seit mehreren Jahrzehnten. Außerdem befinden sich zwei Kitas im Erdgeschoss, in denen insgesamt 40 Kinder betreut werden. „Die Existenz beider Kitas wäre durch die Übernahme des Hauses durch profitorientierte Investor*innen ernsthaft bedroht“, fürchten die Mieter*innen – denn die Mietverträge könnten innerhalb weniger Monate gekündigt werden, da Gewerbemieter*innen nicht geschützt sind. Auch Mieterhöhungen wären für die Kitas demnach nicht tragbar, ein rasches Finden bezahlbarer Ersatzräume unwahrscheinlich. „In der Konsequenz müssten die 40 Kinder neue Kita-Plätze finden. Bei dem aktuellen Mangel an Kita-Plätzen ist es unwahrscheinlich, dass alle Eltern binnen eines halben Jahres einen adäquaten Ersatz finden.“

Am Donnerstag, 25. April, wollen die Mieter*innen ab 17 Uhr mit einer Menschenkette auf ihre Situation aufmerksam machen. Am 12. Mai soll dann ein großes Hoffest stattfinden. Der Kampf ums Vorkaufsrecht geht gerade erst los – diesmal mit Vorsprung. Der Hausverein probt weiter den „Milieuschutz von unten“.