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Touristenkneipe oder Café und Galerie? "La Bettolab" kämpft gegen Räumungsklage

Veröffentlicht am 02.05.2019 von Madlen Haarbach

Galerie und Café – oder Magnet für Tourist*innen? Wo hört das eine auf und fängt das andere an? Darüber streiten sich Emanuele Femia, der Betreiber vom „La Bettolab“ in der Okerstraße 43, und die Eigentümerin des Hauses mittlerweile vor Gericht. Femia sieht das La Bettolab als Kunstcafé. Am 13. Juni wird über die Räumungsklage der Firman Properties S.A.R.L. gegen Femia verhandelt. Firman ist keine unbekannte Eigentümerfirma: Sie klagt aktuell auch auf Räumung gegen das „Syndikat“, eine linke Kneipe nur wenige Straßen weiter. Hinter Firman Properties soll laut Recherchen des Syndikats das Unternehmen Pears Global Real Estate stehen (wir berichteten), die Gewerbetreibende in verschiedenen Teilen Berlins mit unterschiedlichen Begründungen loswerden will.

Femia betreibt das „La Bettolab“ seit 2015. Im März 2017 erreichte ihn ein erster Abmahnbescheid, Ende September 2017 die fristlose Kündigung wegen vermeintlicher Lärmbelästigungen. Seit Mai 2018 klagt die Firman auf Räumung. Die Begründung: Die Mieteinheit würde abweichend genutzt, als im Mietvertrag geregelt sei, heißt es in der Klageerhebung, die dem Tagesspiegel vorliegt. Im Gewerbemietvertrag sei als Mietzweck ein Café mit Galerie angegeben. Laut Firman sei das La Bettolab jedoch in erster Linie eine Bar, „welche hauptsächlich nachts betrieben wird und in der auch Konzerte stattfinden“. Hinzu würden mehrere Beschwerden über nächtliche Ruhestörungen kommen.

Grundlage für die Räumungsklage ist das Lärmprotokoll einer Anwohnerin, das im Oktober 2017 – also nach dem Abmahnbescheid und nach der fristlosen Kündigung – erstellt wurde. Jener Anwohnerin werfen Lemia und sein Anwalt Peter Raabe wiederum vor, bereits mehrfach Unwahrheiten über die Bar behauptet zu haben. Das „La Bettolab“ sei kein Tourist*innenlokal – sondern im Gegenteil sehr eng in der Nachbarschaft verwurzelt. Das belegen auch Stellungnahmen weiterer Anwohner*innen, die dem Tagesspiegel in Auszügen vorliegen, sowie mehrere Unterschriftenlisten aus der Nachbarschaft.

Darin heißt es auch, dass sich das Café – deutlich intensiver als andere – für eine Verringerung der Lärmbelästigung einsetze. „Das La Bettolab ist kein wüster Partyort, sondern ein Kieztreffpunkt“, sagt der Anwalt. Er hält die Kündigung für vorgeschoben: „Ich habe den Verdacht, dass ein alternativer Laden nicht in das modernisierte Haus passt“, so Raabe. Er sei guter Dinge, was den Ausgang der Gerichtsverhandlung betreffe.

Femia zeigt sich weniger optimistisch. „Wir haben alles mögliche versucht und können jetzt nur noch auf den Ausgang der Gerichtsverhandlung warten“, sagt er am Telefon. Er habe das Gefühl, dass der Kiez sich stark wandele – und ein Café wie seines da weniger willkommen sei. „Das neue Berlin geht in eine andere Richtung.“ Dabei seien Cafés und Kulturorte gerade wichtig für den Kiez. „Ich finde, die Leute sollten zusammenhalten und gemeinsam gegen die Veränderungen protestieren“, sagt Femia.

Es gebe zwar einige Initiativen im Schillerkiez. Im Gegensatz zu seiner alten Heimat im Wrangelkiez seien die Anwohner*innen jedoch weniger gut organisiert und generell unpolitischer, sagt Femia. Als Grund vermutet er die starken Veränderungen im Kiez: Viele neue Menschen zögen in den Schillerkiez, viele der alten Bewohner*innen weg, ob freiwillig oder nicht. Viele seien daher kaum in der Nachbarschaft verwurzelt. Dennoch sei er sehr froh über das viele positive Feedback und die Unterstützung aus der Nachbarschaft, sagt Femia.

Pears Global war für den Tagesspiegel nicht zu erreichen, die Anwälte von Firman Properties ließen eine entsprechende Anfrage bislang unbeantwortet.