Namen & Neues

Saubere Schulen: Landeselternausschuss fordert eindeutige Qualitätskriterien

Veröffentlicht am 08.05.2019 von Madlen Haarbach

Wie berichtet, startete am Dienstag das Bürgerbegehren Schule in Not, das sich für mehr Sauberkeit an Neuköllner Schulen und bessere Arbeitsbedingungen für die Reinigungsfachkräfte einsetzen will.

Wie sieht die Situation eigentlich in anderen Berliner Bezirken aus? In vielerlei Hinsicht ähnlich. Bereits seit 2009 gibt es einen Musterhygieneplan für Berliner Schulen, der auf bundesweiten Kriterien beruht – allerdings in Berlin nicht verbindlich ist. Deshalb fordern der Landeselternausschuss sowie Lehrer*innen und Schulleiter*innen schon seit langem berlinweite verbindliche Musterausschreibungen mit eindeutigen Qualitätskriterien und Fixpreisen für bestimmte Leistungen. Von interessierten Firmen sollte man auch fordern, dass sie gleich ein überzeugendes Putzkonzept einreichen, heißt es. Dadurch soll unseriösen Unternehmen der Zugang erschwert werden. Außerdem wäre es aus Sicht vieler Eltern und Lehrkräfte am besten, wenn die Schulen sich selbstständig für die passenden Putzfirmen entscheiden könnten. Ein koordiniertes Vorgehen mit landesweit verbindlichen Putzvorgaben scheitert aber bis jetzt an den unübersichtlichen bezirklichen Zuständigkeiten. „Die angelegten Maßstäbe sind von Bezirk zu Bezirk recht unterschiedlich“, sagte Oliver Görs vom Landeselternausschuss meinem Kollegen Christoph Stollowsky. Görs fordert, dass sich die Bezirke in Sachen Schulsauberkeit zusammentun sollen und appelliert an den Rat der Bezirksbürgermeister. Dieser sollte die Initiative ergreifen und Musterausschreibungen auf den Weg bringen, die für alle gültig sind. Sollte dies nicht gelingen, sieht Görs letztlich den Senat in der Pflicht. Auch beim Schulessen gebe es ja landesweite Qualitätskriterien.

Derweil preschen Bezirke wie Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf bereits mit Pilotprojekten und strikteren Ausschreibungen vor. In beiden Bezirken gibt es seit 2018 das Modell der sogenannten „Tagesreinigung“, was bedeutet: Putztrupps sind nicht nur jeweils früh oder spät aktiv, sondern zusätzlich tagsüber, etwa um die Mittagszeit.

Neben dem aktuellen Verfahren, bei dem dem die Schulreinigung an den jeweils günstigsten Anbieter vergeben wird, gibt ein Leser und Vater noch einen weiteren Punkt zu bedenken. Viele Schulen seien auch einfach überbelegt, schreibt er. Das heißt, viele Schulen seien für deutlich geringere Schülerzahlen konzipiert worden. „Auch wenn manche Schüler/innen unachtsam sind: Bei einer derartigen Übernutzung würden auch Konzernrepräsentanzen und das Berliner Rathaus nach wenigen Tagen alltäglicher Nutzung aussehen wie S… und nach wenigen Monaten in einen beklagenswerten Verfallsmodus geraten, ganz gleich, wie engagiert und sorgfältig die Reinigungskräfte/-Firmen agieren“, schreibt er.

„Klar ist, dass wir mit der Entwicklung der Reinigungsleistungen an unseren Schulen nicht zufrieden sein können“, sagte Schulstadträtin Karin Korte (SPD) auf Anfrage. Hier müsse es gute Lösungen geben – diese hätten natürlich alle mit Geld zu tun. „Ich bezweifle aber, dass die Rekommunalisierung dieser Leistungen eine schnelle und ganzheitliche Lösung ist, die allzeit funktioniert und für alle Beteiligten jederzeit optimal ist, wie es von der Bürgerinitiative ‚Schule in Not‘ dargestellt wird“, so Korte. Und weiter: „Wichtig ist, dass mehr Geld in die Haushalte eingestellt wird, damit die Leistungskataloge in den Ausschreibungen umfänglicher verfasst werden können und die tatsächlichen Reinigungserfordernisse dort abgebildet sind. Ja, das wird teurer als bisher, sollte und muss es uns aber wert sein für unsere Kinder und Jugendlichen. Das muss in den Haushaltsverhandlungen des Senats mit dem Abgeordnetenhaus Thema sein, denn alleine können die Bezirke das mit ihren bisherigen Haushaltsansätzen nicht stemmen.“

„Ich will saubere Schulen in Neukölln“, sagt auch Bezirksbürgermeister Martin Hikel (ebenfalls SPD). Weder die Schüler*innen noch die Lehrkräfte sollten sich mit Mängeln bei der Sauberkeit herumplagen müssen. Deshalb habe er als Sofortmaßnahme veranlasst, dass ab dem Schuljahr 2019/2020 wieder eine jährliche Grundreinigung stattfindet und nicht wie bislang alle zwei Jahre, so Hikel weiter. Über zwei Monate habe er ein Pilotprojekt an zwei Schulen mit zusätzlichen Tageskräften ins Leben gerufen. Außerdem lasse er sich regelmäßig über die Qualität der Reinigung berichten. Wegen der mangelhaften Reinigung sei einem Dienstleister bereits gekündigt worden.

„Ich glaube nicht, dass eine Kommunalisierung automatisch zu besseren Ergebnissen führt“, sagt Hikel. Und weiter: „Denn das größte Problem besteht für alle darin, dass kaum Fachkräfte zu finden sind. Wir haben in Neukölln die Kontrollen der Reinigung verbessert, Checklisten für die Schulen und die Hausmeister erstellt und stehen im ständigen Gespräch mit den Firmen. Trotz all unserer Maßnahmen gibt es aber am Ende nur dann mehr Sauberkeit, wenn die Reinigungskräfte mehr Zeit für ihre Arbeit haben. Und das bedeutet, dass Senat und das Abgeordnetenhaus den Bezirken mehr Geld zur Verfügung stellen muss.“

Bei eigenem Reinigungspersonal müsste das Bezirksamt nach einer ersten eigenen Hochrechnung mindestens 180 Menschen einstellen. Diese Stellen sind laut Angaben des Bezirkes unabhängig vom Fachkräftemangel aber nicht vorhanden, sondern müssten den Bezirken zur Verfügung gestellt werden. Selbst wenn der Bezirk eigenes einigungspersonal einstellen wollte, sind dafür die Stellen nicht da. „Insgesamt rechnen wir mit Mehrkosten von mehr als vier Millionen Euro, die ein Bezirk nicht alleine stemmen kann“, sagt Hikel.

Die Musterausschreibungen, die der Landeselternaussschuss fordert, würden laut Bezirksamt die Sauberkeit nicht per se verbessern. Auch jetzt würden sich die Bezirke bereits austauschen, die Verträge mit Reinigungskräften enthalten bereits umfangreiche Qualitätskriterien, teilt ein Sprecher mit. Die Vergabekriterien würden sich außerdem nicht ausschließlich nach dem Preis richten, sondern auch nach Qualität und Referenzen. Daher seien einige Dienstleister auch in der Vergangenheit abgelehnt worden.

Eine Rekommunalisierung der Schulreinigung fordern übrigens auch die Neuköllner Grünen. In einem Antrag des Bezirksverordneten Wolfgang Ewert, selbst Lehrer, heißt es: „Das Bezirksamt wird gebeten zu prüfen, ob die Schulreinigung in Neukölln in bezirkliche Regie übernommen werden kann. Auch die sogenannte Tagesreinigung soll geprüft werden. Hierzu sollen auch mit der Senatsverwaltung Gespräche aufgenommen werden, um gegebenenfalls den Landesbetrieb für Gebäudebewirtschaftung einzubeziehen. Zusätzlich sollte geprüft werden, inwiefern man die Ausschreibungen im Rahmen der LHO (Anm.: gemeint ist die Landeshaushaltsordnung) verbessern kann, um auch am Ende verbesserte Reinigungsleistungen in den Schulliegenschaften zu erhalten. Dem Ausschuss für Bildung, Schule und Kultur ist zu berichten.“  Der Ausschuss empfiehlt übrigens die Annahme. Ob die Bezirksverordnetenversammlung dem folgt wird sich, Sie wissen ja, womöglich erst in einigen Monaten zeigen.