Namen & Neues

Die ehemalige Frauenklinik heute: Über 800 Wohnungen entstehen

Veröffentlicht am 23.10.2019 von Maria Kotsev

Die ehemalige Frauenklinik in Berlin-Neukölln heute: Über 800 Wohnungen entstehen. Wo einst ein knappes Jahrhundert lang neues Leben auf die Welt kam, dominieren derzeit der Lärm von Presslufthammern und schwingende Kräne die Szenerie. Anfang nächsten Jahres sollen auf dem Areal der ehemaligen Frauenklinik und Hebammenschule Neukölln über 800 Wohnungen bezugsfertig sein. Ein Teil der Wohnungen wird bereits ab dieser Woche vermietet.

So sieht das ehemaligen Gebäude der Kinderklinik bis zu ihrem Abriss 2017 aus.

Das Areal teilt sich – durch den Mariendorfer Weg getrennt – heute auf zwei Eigentümer auf. Das südliche, 56.000 Quadratmeter große Gelände mitsamt des ehemaligen Emmaus-Friedhofs gehört seit 2016 der Buwog Group. Sie erwarb es damals von einem Voreigentümer, der es wiederum von Vivantes und der zuständigen Friedhofsverwaltung erworben hatte. Bis Ende 2017 befand sich an dieser Stelle die ehemalige Kinderklinik des Krankenhauskomplexes.

Und auch der Bauträger reagierte schon auf den Neukölln-Newsletter und schickte prompt ein neues Foto aus der Luft. Hier ist es.

Nach der Schließung im Jahr 2005 stand das Gebäude leer und verfiel zu einer etwas schaurigen Ruine – in meiner Newsletter-Rubrik „Kiezkamera“ zeige ich Ihnen ein großes Foto von der Ruine: Hier der Tagesspiegel-Link. In den Ruinen wurden in der Zeit des Leerstands illegale Technopartys gefeiert und auch Obdachlose fanden seit 2009 vermehrt in den Gebäuden Unterschlupf. Zweimal hatte das Gebäude bereits gebrannt, in beiden Fällen waren die Ursachen unklar.  Ende 2017 begann die Buwog Group, das Gebäude abzutragen und das Wohnquartier „Buwog Neumarien“ mit 214 Wohneinheiten zu bauen.

„Vermietungsbeginn ist in der nächsten Woche und ab Februar 2020 werden die ersten Bewohner einziehen“, teilt Buwog-Sprecher Michael Divé mit. Zeitgleich soll die dreisprachige Kita „Tommelise“ mit 70 Kita-Plätzen im Erdgeschoss eröffnen. Sprachen: Dänisch, Englisch, Deutsch. Ein subtiler, aber doch recht aussagekräftiger Indikator dafür, an welches Mieter*innenklientel sich der moderne Neubau in Neukölln richten soll.

Die Mieten werden im Durchschnitt 13,35 Euro pro Quadratmeter betragen. Dabei sind ein Viertel der 214 Wohnungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein vorgesehen, diese werden auf den kompletten Wohnkomplex verteilt. Die Verteilung entspricht damit den gesamtstädtischen Leitlinien des Berliner Modells – zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. In der jetzigen Fassung sieht das Berliner Modell einen WBS-Anteil von 30 Prozent vor.

Hier ein Foto vom Klinik-Kiez mit der Hebammenschule Neukölln aus dem Jahr 2015. Das Bild machte mein Kollege Kai-Uwe Heinrich.

Das Areal auf der nördlichen Seite des Mariendorfer Wegs, zwischen Eschersheimer Straße und Silbersteinstraße erwarb 2014 das Petruswerk, eine Tochtergesellschaft der Avila Group. Hier entsteht der Wohnpark „St. Marien“ mit insgesamt 600 Wohnungen, die zwischen 47 und 135 Quadratmeter groß sind. Die Kaltmiete liegt ebenfalls bei rund 13,50 Euro pro Quadratmeter. Noch vor einem Jahr war von 12,80 Euro kalt pro Quadratmeter die Rede.

Für das neue Quartier werden die denkmalgeschützten Klinikbauten saniert, im Februar 2020 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Zusätzlich entstehen Neubauten, die unter anderem voll möblierte „All-inclusive“-Studierendenapartments beherbergen sollen. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis liegt hier bei saftigen 18,50 Euro pro Quadratmeter, was pauschal um die 500 Euro Monatsmiete bedeutet. Wie passt das zum klassischen Studijob auf 450-Euro-Basis?

Für die Wohnungen des Petruswerks gibt es weder Mietpreisbindungen, noch einen festgelegten Anteil an WBS-Wohnungen. Das Planungsrecht beruhte 2016 nämlich unter anderem auf einem BVV-Beschluss, bei dem das Berliner Modell zur kooperativen Baulandentwicklung nicht berücksichtigt wurde. Was heißt das drei Jahre später für den Kiez? „Natürlich verändert sich das Gesicht des Kiezes dadurch auch erheblich“, erklärt Christopher Dathe, Sprecher des Baustadtrats Jochen Biedermann. Dathe mahnt aber auch zu einer ausgewogenen Sichtweise: „Man sollte deswegen nicht dem Fehlschluss aufsitzen, Verdrängung und Aufwertung würden erst durch diese Bauvorhaben Einzug halten. Der Verdrängungsdruck auf die umliegenden Kieze besteht schon viel länger. Die Milieuschutzgebiete nördlich und östlich des Mariendorfer Wegs hat der Bezirk ja nicht ohne Grund festgesetzt.“ – Text: Maria Kotsev

  • Mein Lesetipp: Ich habe mich mit einer Hebamme über ihre Zeit an der Hebammenschule Neukölln am Mariendorfer Weg unterhalten. Hier finden Sie mein Portrait im neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Neukölln: Tagesspiegel-Link.

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Diesen Text haben wir als Leseprobe dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Neukölln entnommen. Den – kompletten – Neukölln-Newsletter gibt es wöchentlich ganz unkompliziert und kostenlos hier leute.tagesspiegel.de.
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