Namen & Neues

Erneuter rechter Anschlag auf die syrische Damaskus-Bäckerei

Veröffentlicht am 24.06.2020 von Madlen Haarbach

Vergangenen Donnerstag gab es erneut einen rechten Anschlag in Neukölln. An die Fassade der syrischen Bäckerei „Damaskus“ in der Sonnenallee wurden mit roter Farbe SS-Runen gesprayt. Parallel brannte ein Lieferfahrzeug vor der Bäckerei ab. Dabei soll es sich laut Tagesspiegel-Informationen nicht um ein Lieferfahrzeug der Bäckerei gehandelt haben, es soll diesen jedoch sehr ähnlich sehen. Wie die Polizei auf Anfrage bestätigte, hat mittlerweile die Sonderermittlungsgruppe „Fokus“ die Ermittlungen übernommen. Das Fahrzeug gehöre einer Privatperson, ein Zusammenhang zur Bäckerei werde derzeit noch geprüft. Die Soko „Fokus“ ermittelt zu über 70 Straftaten in Zusammenhang mit der rechtsextremen Anschlagserie in Neukölln, darunter auch mehrere Brandanschläge.

Ein Mitarbeiter der Bäckerei sagte dem RBB, dass dies bereits der siebte Anschlag auf „Damaskus“ gewesen sei. Aus dem Bezirksamt hieß es, dass die Häufung von Nazi-Symbolen und die verwendete rote Farbe im Bereich der Sonnenallee und Wildenbruchstraße auffällig sei. Daher habe die BAO Fokus die Ermittlungen übernommen. Im Dezember 2019 wurden ein Hauseingang und die Fassaden eines Burgerladens und eines Spätis mit Hakenkreuzen und SS-Runen in derselben roten Farbe besprüht. Was die beiden Häuser verbindet: Sie sollen zum Immobilienportfolio der arabischen Großfamilie Remmo gehört haben und tauchten in diesem Zusammenhang auch wiederholt in Medienberichten, etwa bei Spiegel-TV, auf.

Erst Anfang Juni waren erneut rote Hakenkreuze und SS-Runen an Lokalen und Geschäften in der Wildenbruchstraße aufgetaucht. Betroffen war auch das kollektiv betriebene Café „K-Fetisch“, das in der Vergangenheit bereits mehrfach Ziel rechter Anschläge war.

Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) verurteilte die Schmierereien. „Neukölln erlebt seit Jahren eine rechte Terrorserie. Nazis nehmen in Kauf, dass Menschen sterben – Brandschläge auf engagierte Neuköllnerinnen und Neuköllner haben das in den letzten Jahren gezeigt. Das Bezirksamt steht solidarisch an der Seite derer, die von solchen Nazi-Anschlägen betroffen sind“, sagte er dem Tagesspiegel. „Es ist entsetzlich für die Menschen, denen sowas widerfährt, egal ob Brandanschläge oder Schmiereien gegen Geschäfte oder Wohnungen.“ Die Bäckerei Damaskus sei eine der feinsten Adressen auf der Sonnenallee und eine Bereicherung für Neukölln. „Ich bin über diese widerwärtige Nazi-Propaganda am Haus entsetzt“, sagte Hikel weiter.

Die genannte hohe Zahl von sieben Anschlägen in den vergangenen Monaten habe auch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) überrascht, sagt Matthias Müller von der MBR am Telefon. Bislang seien der MBR nur drei Vorfälle im Zusammenhang mit „Damaskus“ bekannt gewesen. Einen engeren Zusammenhang zwischen den Angriffen und der rechtsextremen Anschlagserie auf Engagierte und Lokalpolitiker*innen sieht der MBR nicht unbedingt. Vielmehr reihe sich die Tat in eine Häufung von Vorfällen rund um die Sonnenallee und Wildenbruchstraße ein.

Im Gegensatz zur rechtsextremen Anschlagserie seit 2016 würden sich die aktuellen Bedrohungen nicht gegen konkrete Einzelpersonen richten, außerdem seien im Zusammenhang mit der Serie rund um die Hauptverdächtigen Tilo P., Sebastian T. und Julian B. bislang keine Hakenkreuze und Sigrunen gesprayt worden. Müller sieht die
rechtsextremen Angriffe eher als generellen Ausdruck eines militanten Rechtsextremismus und Rassismus in Neukölln. „Für die Betroffenen ist es allerdings eher zweit- oder gar drittrangig, ob die Taten direkt zusammenhängen – der Effekt, der durch die Drohungen erzielt wird und erzielt werden soll, bleibt“, sagt er.