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Initiative "Karlsgarten" fordert Rechtsabiegeverbot auf der Herrmannstraße

Veröffentlicht am 23.06.2021 von Masha Slawinski

Im November 2020 hat die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz eine Baustelle in der Flughafenstraße eingerichtet. Nur an eine geeignete Umleitung wurde nicht gedacht. Deswegen kommt es gen Süden der Hermannstraße immer wieder zu Staus. Zur Umgehung weichen viele Fahrzeuge auf die umliegenden Wohnstraßen aus, also die Karlsgarten-, Fontane- und Lucy-Lameck-Straße.

Die Konsequenz: Die Anwohnenden der Wohnstraßen sind seit sieben Monaten einer erhöhten Lärmbelastung ausgesetzt. Als Reaktion auf die angespannte Verkehrslage entstand die Anwohner*inneninitiative „Karlsgartenkiez“. Sie will das Rechtsabbiegen von der Hermannstraße in die Wohnstraßen verbieten.

Alles halb so wild? Zwischen April und Mai 2021 hat das Straßen- und Grünflächenamt in der Karlsgarten- und Fontanestraße Messungen durchgeführt. Das Ergebnis: In 24 Stunden fahren durchschnittlich 4.000 Autos durch die Wohnstraßen. Zur Einordnung sei aber vor allem der Spitzenstundenwert von Relevanz, also der Wert zwischen 14 und 14.30 Uhr. Der liege bei 275 Autos. „Diese Verkehrsstärke entspricht dem Straßentyp Wohnstraße“, heißt es in der Beantwortung einer Einwohnerfrage durch Bezirksbürger*innenmeister Martin Hikel (SPD). Der Grenzwert orientiere sich etwa an 400, die Karlsgartenstraße würde also nicht aus dem Rahmen fallen.

Hikel antwortete weiter, dass man die Verkehrslage nach der für November 2021 geplanten Auflösung der Baustelle noch einmal neu bewerten wolle. Bei der Karlsgartenstraße handle es sich aber ohnehin um eine Tempo 30 Zone, in der man fast alle Möglichkeiten zur Verkehrssicherheit ausgeschöpft habe. Außer straßenbaulichen Veränderungen seien so gut wie keine weiteren Maßnahmen mehr möglich. Zudem schätze die Polizei die Gefährdungslage nicht als erhöht ein.

Boris Hekele, Bewohner des Kiezes, ist unzufrieden mit Hikels Antwort. „Es heißt ‚stay at home‘ und dann werden uns 4.000 Fahrzeuge vor die Tür geschickt, damit das Homeoffice samt Kindern noch einmal extra anstrengend ist,“ schreibt er in seiner Mail. Er setzt sich für eine langfristige Lösung gegen den Durchgangsverkehr ein. Ein von ihm beim Neuköllner Bürgerhaushalt eingereichter Antrag fordert sogenannte Modalfilter, zum Beispiel in Form einfacher umklappbarer Sperrpfosten. Sie würden den Kfz-Durchgangsverkehr unterbinden.

Kiezblocks als Lösung? Sollte die Sperrung umgesetzt werden, würde sich das Problem zurück in die Hermannstraße verschieben, wo die Anwohnenden bereits jetzt mit einer hohen Verkehrsbelastung kämpfen müssen. Hekele ist der Meinung, dass autofreie Kiezblocks zur Entspannung der Berliner Verkehrslage beitragen könnten: „Nur durch den Wechsel zur flächendeckenden Verkehrsberuhigung in den Wohnquartieren kommen wir zu weniger Verkehr im Allgemeinen, weil das Autofahren für kürzere Strecken dann weniger attraktiv wird“, sagt Hekele. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat sich bis Redaktionsschluss nicht auf die Anfrage des Tagesspiegels gemeldet.