Namen & Neues

Neukölln muss mindestens drei vorgekaufte Häuser zurückgeben

Veröffentlicht am 22.12.2021 von Madlen Haarbach

Anfang November urteilte das Bundesverwaltungsgericht, dass das Vorkaufsrecht, so wie es (unter anderem in Berlin) angewendet wurde, nicht rechtskräftig sei. Das Urteil hat auch Auswirkungen auf Häuser, bei denen das Vorkaufsrecht bereits angewendet worden war – in deren Fall aber noch Klagen liefen. So muss das Bezirksamt nun mindestens in drei Fällen das angewandte Vorkaufsrecht wieder rückgängig machen.

Bei den Häusern, die das Bezirksamt zugunsten der Howoge beziehungsweise der Gewobag vorgekauft hatte, hatten die Verkäufer:innen oder ursprünglichen Käufer:innen gegen die Ausübung geklagt und sind damit nun, unter Berufung auf das neue Urteil und die damit neue Rechtslage, erfolgreich. Das bestätigte Christopher Dathe, Sprecher des Baustadtrats Jochen Biedermann (Grüne), mir auf Anfrage. Da die betroffenen Mieter:innen allerdings noch nicht alle informiert sind, verzichten wir an dieser Stelle auf die Nennung der Adressen.

Biedermann teilte auf Anfrage dazu mit: „Ich weiß, dass diese Entscheidung für die Mieter:innen eine Enttäuschung und die Situation nun mit großen Sorgen verbunden ist. Nach der Prüfung des Urteils haben wir aber keine andere Wahl. Die Bundesebene ist nun gefragt, den Kommunen in Deutschland ein rechtssicheres Vorkaufsrecht an die Hand zu geben.“

Unklar ist aktuell noch die Zukunft der Hermannstraße 48, die das Bezirksamt zugunsten der Mieter:innen selbst vorgekauft hatte (NL vom 3. März 2021): Auch hier läuft ein Klageverfahren. Allerdings ist die Rechtslage in diesem Fall nicht eindeutig, da hier auch das Fabrikgebäude im Hinterhaus bewohnt wird – was nicht der eigentlich vorgesehenen Gewerbenutzung entspricht. Laut Urteil kann das Vorkaufsrecht nach aktueller Rechtslage nur dann angewandt werden, wenn Grundstücke zum Zeitpunkt der Anwendung nicht entsprechend des Milieuschutzes oder ihrer eigentlichen Bestimmung – in dem Fall eben Gewerbe – genutzt werden.

Unklar ist auch noch, ob die geschlossenen Abwendungsvereinbarungen Bestand haben: Die juristischen Meinungen gehen dabei auseinander. Laut Dathe haben bislang zwei Käufer:innen die mit dem Bezirksamt geschlossenen Vereinbarungen angefochten. Biedermann sagte dazu: „In Neukölln werden seit dieser Woche die ersten Abwendungsvereinbarungen angefochten. Wir gehen derzeit davon aus, dass die geschlossenen Abwendungsvereinbarungen gelten. Allerdings handelt es sich bei der Bewertung nicht um eine triviale Frage.“

Das Bezirksamt hat in den vergangenen Jahren insgesamt 23 Häuser vorgekauft, 19 Fälle sind bereits rechtskräftig und durch das Urteil nicht mehr betroffen. In 82 Fällen unterzeichneten Käufer:innen Abwendungsvereinbarungen, deren juristischer Bestand wie beschrieben noch geklärt werden muss.