Kiezgespräch
Veröffentlicht am 12.09.2018 von Madlen Haarbach
In einer Drucksache, die die „Einhaltung der Geschäftsordnung“ einfordert, spricht sich die CDU indirekt gegen Gendersternchen aus, da diese gegen die Gemeinsame Geschäftsordnung der Berliner Verwaltung verstoßen würden. Letztere sieht neutrale Personenbezeichnungen beziehungsweise die vollständige Ausschreibung von weiblichen und männlichen Formen vor.
Der zuständige Ausschuss für Haushalt, Wirtschaft, Verwaltung und Gleichstellung empfahl bei der vergangenen BVV die Ablehnung des Antrags. Es habe zwei Meinungen im Ausschuss gegeben, erklärte der Ausschuss-Vorsitzende Michael Morsbach (SPD): Ein Teil der Bezirksverordneten sei dafür, die Rechtsordnung einzuhalten. Durchgesetzt habe sich jedoch das Argument, dass das Bezirksamt sich in seiner Kommunikation an den gesellschaftlichen Diskurs anpassen solle, der bereits viel weiter sei.
Antragssteller Gerrit Kringel (CDU) beklagte das „merkwürdige Rechtsverständnis“ und einen eindeutigen Verstoß gegen die Geschäftsordnung. Die Argumente, die Morsbach vorgetragen hatte, seien legitim. „Aber wenn es eine Gesetzesvorlage gibt, muss man sie einhalten, sonst schaffen wir einen rechtsfreien Raum“, so Kringel.
Andreas Lüdecke, Fraktionsvorsitzende der AfD-alt, nutzte die Gelegenheit, um über die „Leichte Sprache“, die seit kurzem auch auf Online-Auftritten des Bezirksamtes Verwendung findet, herzuziehen und diese als „Mickey-Maus-Sprache“ zu verunglimpfen. Was genau die Leichte Sprache mit Gendersternchen oder geschlechtsneutralen Bezeichnungen zu tun haben soll, ergab sich daraus nicht. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) kritisierte Lüdeckes Aussage später als „Beispiel für die Verrohung der Sprache“. Auch die Fraktion AfD-neu überraschte wenig in ihren Aussagen: Fraktionsvorsitzender Jörg Kapitän bezeichnete Gendern als „Ideologie“ und erklärte, dass das Thema Gendersternchen ein Problem sei, dass „den kleinen Mann einen Kehricht interessiert“. Fraglich ist, ob es dem „kleinen Mann“ dann mehr hilft, wenn die BVV wieder und wieder über Gendersternchen diskutiert und dadurch auch Zeit verschwendet. Und was ist eigentlich mit der „kleinen Frau“?
Bernd Szczepanski (Grüne) fand die Berufung auf die Geschäftsordnung scheinheilig: „Über die Frage geschlechtergerechter Sprache können wir uns gerne unterhalten, aber Sie können dem Bezirksamt nicht unterstellen, dass es die Geschäftsordnung nicht einhält – das ist falsch.“ Jürgen Koglin (SPD) ergänzte, dass die CDU generell wohl den Nerv der Zeit verpasst habe: „Was die Geschlechterbenennung angeht, sind sie der Zeit ohnehin hinterher. Es gibt nicht nur Mann und Frau. In der Debatte geht es bereits darum, ob nicht auch ein drittes Geschlecht genannt werden muss.“
Der Antrag wurde mit den Stimmen der SPD, Grünen und Linken abgelehnt. Es ist übrigens in der Berliner Verwaltung durchaus üblich, das Gendersternchen (oder andere Formen der geschlechterneutralen Sprache) zu verwenden. Meine Kollegin Melanie Berger hat den Stand der Dinge vor einiger Zeit zusammengefasst: tagesspiegel.de. Friedrichshain-Kreuzberg gendert etwa seit 2014 mit Sternchen, auch der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag im Berliner Senat verwendet diese Form. Im Neuköllner Bezirksamt gibt es formal offenbar keine einheitliche Regelung – in Mitteilungen wird mal gegendert, mal ausgeschrieben. Unterschiede lassen sich auch hier insbesondere entlang der Parteigrenzen der Stadträte ziehen. Bei dieser Handhabung wird es nun offenbar bleiben.
Warum wir in diesem Newsletter mit Sternchen gendern, können Sie hier noch einmal nachlesen.
Neuigkeiten aus der BVV gibt es schon kommende Woche – denn am Montag findet bereits die nächste zusätzliche Sitzung statt. Bleibt abzuwarten, ob bei der Sitzung mehr als sieben Themen abgearbeitet werden können.