Nachbarschaft

Veröffentlicht am 13.12.2017 von Madlen Haarbach

Tanja Dickert betreibt seit zehn Jahren die Ahoj! Souvenirmanufaktur mit Erinnerungen aus Neukölln. 2015 übernahm sie zudem das Neukölln-Info-Center (NIC) im Rathaus Neukölln, das zuvor eineinhalb Jahre lehr stand.

Was machen Sie so? Ich bin vor allem Schon-Immer-Neuköllnerin und geborene Berlinerin, seit 1972. Als Künstlerin entwerfe ich unter meinem Label Ahoj! Souvenirmanufaktur kleine Kunstwerke mit Bezug zum Bezirk Neukölln und zu Berlin. Die präsentiere ich als Souvenirs, weil viele Leute eher Souvenirs und Geschenke kaufen, aber keine Kunst. Meine Souvenirs sorgen für eine nachhaltige Unterstützung schöner Erinnerungen. Das schönste Souvenir ist, wenn die Leute Positives über Neukölln erzählen können. In der Touristenformation im Rathaus gebe ich Auskunft über Kulturveranstaltungen und Freizeittipps in Neukölln. Die meisten Besucher sind Neuköllner*innen, die wissen wollen, was ihr Bezirk in Sachen Kultur und Freizeit alles bieten kann. Viele, selbst eingefleischte Neuköllner*innen, entdecken in der Touristinformation immer wieder Neues. Selbst, wenn sie jede Woche wiederkommen.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Neukölln-Souvenirs anzufertigen? 2007 startete ich die Ahoj! Souvenirmanufaktur als Kunstprojekt. Im selben Jahr war der 270. Gründungstag des Böhmischen Dorfs in Neukölln. Daher habe ich das tschechische Wort „Ahoj“ mit in den Projektnamen einbezogen. Mit diesem Wort begrüßen sich in Tschechien Freund*innen, Nachbar*innen und Kolleg*innen. Also alle, die auch „Du“ zueinander sagen. Ich hatte die Idee, dass wir Neuköllner*innen für Neukölln originelle Geschenke entwerfen könnten. In Workshops stellten wir kleine Kunstobjekte mit direktem Bezug zu Neukölln und zu unserem Rixdorfer Kiez her. Bei den Ausstellungen habe ich gemerkt, dass es ein großes Interesse für Neukölln-Souvenirs gab. Die Leute wollten die Souvenirs aber nicht nur in einer Ausstellung anschauen, sie wollten sie selbst tragen und verschenken.

Was gefällt Ihnen besonders an Neukölln? Hier bin ich aufgewachsen, hier kenne ich mich aus. Hier sind meine Wurzeln. Neukölln ist zur Zeit vielfältiger als es je war. Ich meine die Vielfalt von Menschen, Sprachen, Kulturen, Lebenswegen. Ich selbst kann in Neukölln wieder arbeiten. An dem großen und großartigen Bild Neukölln malen viele Leute mit, die etwas Positives für den Bezirk erreichen wollen. Mein Leitmotiv heißt „Neukölln macht glücklich“ und dafür strenge ich mich an.

Was gefällt Ihnen weniger? Mir gefällt weniger, das einige wenige Leute sich über den Slogan „Neukölln macht glücklich!“ aufregen. Die Skeptiker frage ich, ob es nicht eher von ihrer persönlichen Einstellung abhängt, weshalb sie nicht glücklich sind. Die anderen, die Optimist*innen wie ich, lieben den Spruch sofort. Wir fühlen uns herausgefordert, anderen zu zeigen, dass man in Neukölln gut leben und glücklich sein kann. Wir lassen uns nicht von mieser Stimmung im vollen Bus anstecken. Das ist manchmal sehr anstrengend, aber dafür gibt es den Button „I love M41!“. Mit dieser Überzeugung entstehen viele meiner Neukölln-Souvenirs. Viele Leute denken leider einseitig. Die einen sagen, Neukölln ist zu laut, zu dreckig, zu arm. Die anderen sagen, Neukölln ist zu hip, zu schick und zu teuer. So funktioniert aber der Bezirk nicht, so funktioniert die Stadt nicht. Stereotyp Neukölln, das gibt es nicht. Man muss immer alle Facetten betrachten.

Und was würden Sie Besucher*innen und Nachbar*innen besonders empfehlen? Ich empfehle immer gerne einen Ausflug in unseren grünen Neuköllner Süden. Am besten gleich einen ganzen Tag. Noch ein Geheimtipp ist die Britzer WeinKultur, unser Neuköllner Weingut. Neukölln ist seit 1. Januar 2016 Berlins größtes Weinanbaugebiet. Das glauben viele nicht, aber es stimmt. Da gibt es viele schöne Veranstaltungen zum Mitfeiern und Mitmachen. Es werden immer Ehrenamtliche für die Pflege und Hege der Reben gesucht. Einmal im Jahr wird der Weinkönig bzw. die Weinkönigin gewählt, da kann sich jede/r anmelden, der/die ein wenig Wein-affin ist. Neukölln macht Wein und der macht glücklich!

Wer einen Vorschlag hat, welcher Mensch hier unbedingt vorgestellt gehört: Gerne mailen an leute-m.haarbach@tagesspiegel.de.