Nachbarschaft
Veröffentlicht am 05.06.2019 von Madlen Haarbach

Putting, Putting, Putting! hört man die ganze Zeit, wenn man mit Von Wegen Lisbeth Minigolf spielt. Oder eigentlich: Du musst putten, du hast falsch geputtet, putte doch Mal!
Im Streichelzoo nebenan blöken die Schafe, während Matze, Doz, Robert, Julian Z. und Julian H. (v.l.n.r.) auf der Minigolfanlage Hasenheide versuchen, den Ball bei rund 30 Grad Sommerwetter ins Loch zu befördern – nicht immer ganz regeltreu, manchmal auch mit extra Regeln. „Warum sind wir eigentlich nicht im Streichelzoo?“, fragt Matze alle paar Bahnen.
Von Wegen Lisbeth singen über Mädchen, Dönerbuden – und Gentrifizierung. „Jede Ratte der U8 wünsch ich mir zu dir aufs Dach“, heißt es in einem ihrer Lieder. Und weiter: „Nette Leute, super Lage und ein Späti ist nicht weit. Klasse Kapitalanlage und ein prima Zeitvertreib“. Es geht aber auch um andere Absurditäten und Anekdoten rund um das Leben in Neukölln. Da geht es um Dealer an der Grenzallee und iPhones, die grazil in den Landwehrkanal fallen. „Nachts, wenn der Stadtring zur Spielstraße wird und sich nicht mal ein Touri ins Viertel verirrt, hören sich die Trucks, die nach Buckow rausfahren, fast wie das Rauschen vom Elbufer an“, singt Matze in einem anderen Lied. Und auch da, wo Gentrifizierung und Neukölln sich zwangsläufig treffen, ist die Band aktiv: Vor ein paar Monaten drehten die Jungs ein Unterstützervideo für die Kiezkneipe Syndikat. Reichweite muss man auch nutzen, finden sie.
Die Band, die sich einst als Punkband an einem Lankwitzer Gymnasium gründete, wohnt mittlerweile in Neukölln – und geht in diesem Jahr auf „Britz California“-Tour. Musikalisch irgendwo zwischen Pop, Gameboy und Berlinanekdoten dreht es sich auch in ihrem neuen Album „Sweetlilly93@hotmail.com“ hauptsächlich um kleine Beobachtungen im Alltag. Matze schreibt über den Fahrstuhl am Westkreuz, der immer noch nach Pisse riecht, Grünkohl-Smoothie-Trinker und multiple Onlinepersönlichkeiten. Und manchmal fahren die Fans sogar den Texten nach und factchecken, ob der Fahrstuhl wirklich nach Pisse riecht. Stimmt natürlich. „Nur Wahrheiten, wir singen nur Wahrheiten“, sagt Robert und lacht.
Die wichtigste Frage zwischen Putten oder Nicht-Putten: Wo gibt es eigentlich den besten Döner in Neukölln? Uneinigkeit, „Nur“ sei es auf jeden Fall nicht mehr, das sei früher der günstigere „Mustafas“ gewesen, kostet heute aber auch 3,50 Euro. „Imren“ ist es auch nicht. „Es gibt keinen normalen Döner, wo ich jetzt regelmäßig hingehe“, sagt Julian Z. „Gibt’s nicht mehr“. Der neue am Hermannplatz auf der Mittelinsel ist zwar „nicht so krass“, findet Doz, aber „auch nicht scheiße“, sagt Matze. Und kostet immer noch 2,50 zum Eröffnungspreis, „das finde ich sehr fair“, sagt er. „Döner muss nicht gut sein, er muss nur billig sein“, lacht Doz. Im Endeffekt: Je nach Stimmung. Einig sind sie sich allerdings beim Thema Belag: Alle drei Soßen und natürlich mit Zwiebeln. Vorbei sei es aber in dem Moment, in dem der Döner Biofleisch hat und fünf Euro kostet, sagt Robert. Und schließlich seien viele ehemalige gute Dönerbuden mittlerweile Friseursalons, spielt er auf eine Zeile aus dem Lied „Westkreuz“ an. Auch die Dönerfrage ist schließlich ein Gentrifizierungsproblem. Sind ja schließlich alles Wahrheiten. Und nächstes Mal dann: Streichelzoo.
Einen vollständigen Bericht über ehrgeiziges Putten, mehrstimmiges Blöken und die Frage, was Berlin eigentlich als Heimatstadt auszeichnet, lesen Sie demnächst im Tagesspiegel. Mehr von den Lisbeths gibt es auf www.vonwegenlisbeth.de. Das nächste Mal in Berlin spielen die Jungs am 8. und 9. November in der Columbiahalle, für das Konzert am 8. November gibt es noch Restkarten.
Wer einen Vorschlag hat, welcher Mensch hier unbedingt vorgestellt gehört: Gerne mailen an leute-m.haarbach@tagesspiegel.de.