Nachbarschaft

Veröffentlicht am 28.10.2020 von Madlen Haarbach

Seit 2017 gärtnert der Verein „Karma Kultur“ auf einer alten Streuobstwiese in Rixdorf, die etwas versteckt zwischen Richardplatz, Kirchgasse und Böhmischer Straße liegt. Ziel des Vereines ist es, dass jeder Mensch auf der Fläche mitgärtnern, Ideen einbringen oder auch einfach nur sein kann.

Daran störte sich jetzt offenbar jemand: Denn in den vergangenen Monaten gab es immer wieder kleine Anschläge auf das Gemeinschaftsgartenprojekt. Mal wurden Mülleimer angezündet, ein anderes Mal eine potentiell brennbare Flüssigkeit auf Bänke geschmiert, erzählt Johannes Schnettker von Karma Kultur. Es habe zwar nie Bekennerschreiben oder andere Hinweise gegeben, bei den Gärtner*innen kam das dennoch als Drohung an. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf, bislang ohne Erfolg. Vergangenen Freitag dann der Schock: Über Nacht hatten Unbekannte die Hütte des Gartenprojektes angezündet, sie ist fast vollständig zerstört.

Eine Idee, wer hinter den Angriffen steckt, haben die Gärtner*innen nicht. Er sei nach wie vor „fassungslos“, sagt Johannes Schnettker. Womöglich ist der Angriff allerdings Höhepunkt eines Nachbarschaftskonfliktes: Es habe von Anfang an kleinere Konflikte mit einigen Nachbar*innen gegeben, da diese sich an der Lautstärke störten. „Ich verstehe, dass es die Anwohnenden stört, wenn zum Beispiel Jugendliche die ganze Nacht auf der Fläche hocken und Youtube-Videos anschauen“, sagt Johannes Schnettker. Andere würden sich an Hunden stören, die frei auf dem Gelände laufen und bellen würden. „Aber die kommen ja nicht wegen uns.“ Die Fläche sei immer schon öffentlich gewesen, auch wenn sie durch ihre eher versteckte Lage einen eher privaten Eindruck mache. Dass die zuvor kaum genutzte, zum Teil vermüllte, alte Streuobstwiese nun attraktiver geworden sei, sei eben ein Nebeneffekt des Projektes. „Wir haben uns größte Mühe gegeben, auf alle Beschwerden und Sorgen einzugehen“, sagt Schnettker. Der Verein veranstaltet etwa regelmäßige Gesprächsrunden mit der Nachbarschaft.

Finanziert wird das Projekt durch Fördermittel des Quartiersmanagements. Diese sind bis in das kommende Jahr gesichert, der Verein ist allerdings zuversichtlich, dass die Finanzierung anschließend verlängert wird. Gerade die aktuelle Saison sei gut gelaufen, sagt Schnettker, das wolle der Verein auch nicht aufgeben. Viele Nachbar*innen hätten etwa Blühpatenschaften für Beete übernommen.

Was die abgebrannte Hütte betrifft, sind die Ehrenamtlichen ratlos. „Wenn sie offenbar nicht gewünscht ist, macht es wohl auch wenig Sinn sie wieder aufzubauen“, sagt Johannes Schnettker. Solange unklar sei, aus welcher Richtung die Angriffe kommen, sei es auch schwierig zu entscheiden, ob die Hütte erneuert wird oder nicht. Zunächst wollen die Ehrenamtlichen die Hütte sichern und alle zerstörten Teile – was wohl alles außer das Stützfundament betrifft – abbauen. Wer den Verein unterstützen will, kann sich unter orga@karma-kultur.de melden.

Foto: Die abgebrannte Hütte, aufgenommen von Karma Kultur.

Wer einen Vorschlag hat, welcher Mensch hier unbedingt vorgestellt gehört: Gerne mailen an leute-m.haarbach@tagesspiegel.de.

Dieser Beitrag stammt aus dem Tagesspiegel-Newsletter für Neukölln. Die Newsletter für alle 12 Berliner Bezirke gibt es kostenlos und in voller Länge hier: leute.tagesspiegel.de

Hier die Themen aus dem aktuellen Neukölln-Newsletter:

  • Neubauwohnungen, statt historische Kutschen? Verwirrung um Bebauungsplanverfahren am Richardplatz
  • Abrissarbeiten auf dem ehemaligen „Blub“-Gelände fast beendet – Baustart für 2021 geplant
  • Neuköllner Spielplatzdrama: Jahrelanger Streit um Brachfläche an der Zeitzer Straße
  • Coronavirus in Neukölln: Im neuen Podcast des Gesundheitsamtes mehr über den Alltag des Pandemiestabes erfahren
  • Nach 23 Uhr nur noch Eistee: Wie die Bar am Ufer die Zeit nach der Sperrstunde erlebt
  • Hakan Demir kandidiert für die SPD zur Bundestagswahl
  • Mit dem Lamborghini gegen Clans: Kontroverse nach PR-Aktion der CDU