Nachbarschaft
Veröffentlicht am 08.03.2023 von Masha Slawinski

Dr. Juni Hoppe befindet sich in ihren ersten Amtsjahren als Pfarrerin im Entsendungsdienst. Seit Anfang des Jahres ist sie in Neukölln als Kreispfarrerin für den interreligiösen Dialog zuständig. Außerdem leitet sie das Interkulturelle Zentrums Genezareth (IZG) im Schillerkiez, im Kirchenkreis Neukölln. Am Sonntag, den 12. März, findet dort ihr Begrüßungsgottesdienst statt sowie die Wiedereröffnungsfeier des IZG. Wir haben uns über ihre Arbeit unterhalten.
Woher rührt Ihr Interesse an der Interreligiösen Verständigung? Dabei hat meine Ausbildung zur Theologin und Pfarrerin eine große Rolle gespielt. Ich selbst bin in verschiedenen Ländern aufgewachsen und habe in England und den USA evangelische Theologie und Judaistik studiert und in einem Bereich muslimischer Zusammenarbeit promoviert. Dort habe ich auch meine ersten Berufsjahre verbracht. In New York habe ich mich vor allem in der Interreligiösen Vernetzungs- und Friedensarbeit engagiert: Ich habe für eine Interreligiöse NGO gearbeitet und Begegnungsformate für junge Muslim*innen und Jüd*innen entwickelt. Zu sehen, wie in der Praxis Begegnungs- und Friedensarbeit geleistet werden kann, hat mich sehr motiviert, selbst einen interreligiösen Schwerpunkt in der Praxis zu setzen.
Nun sind Sie seit Jahresanfang Kreispfarrerin für den interreligiösen Dialog und Leiterin des Interkulturelle Zentrums Genezareth (IZG) in Neukölln. Was steckt hinter dieser Berufsbezeichnung? Von den 40 Kirchen des evangelischen Kirchenkreises befinden sich viele an Orten, wo unglaublich viele Nationen und zahlreiche Religionsvereine wie Moscheen vertreten sind. Es gibt also einen hohen Bedarf nach multireligiösen Bildungsformaten. Ich setze mich dafür ein, mit Akteur*innen aus Religion, Kultur und Politik eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu etablieren, zu der sich alle religiösen Identitäten eingeladen fühlen.
Warum liegt Ihnen die Verknüpfung verschiedener Religionen so am Herzen? Ich selbst habe einen multikulturellen Hintergrund: Meine Mutter ist koreanisch, mein Vater deutsch. Ich wünsche mir, dass auch die religiöse Praxis junger Menschen mit einem migrantischen Hintergrund in zweiter oder dritter Generation, so divers sie auch sein mag, wertgeschätzt und gefördert wird. Anstatt zu sagen, ‚Du bist nicht ganz christlich, du bist nicht ganz muslimisch‘ – sollten Graustufen erlaubt sein. Sonst riskieren wir als religiöse Trägerschaft, junge Personen, die eigentlich gegenüber Religionen positiv gestimmt sind, zu verschrecken. Für sie einladende und wertschätzende Formate zu entwickeln, ist mir ein großes Anliegen.
Wie sieht das dann in der Praxis aus? In meiner Funktion als Leiterin des IZG setzte ich drei Schwerpunkte: Zum einen die Vernetzung verschiedener religiöser Vereine zu Dialogpartnern. Weiter bietet das IZG Fortbildungen an, beispielsweise Sensibilitätstrainings im Umgang mit Klient*innen verschiedener Religionen und Kultureinflüsse. Ziel der Fortbildungen ist, dass sich in kulturellen und religiösen Einrichtungen eine Kultur der Wertschätzung von Vielfalt entwickelt. Das Training ist maßgeschneidert: Einige Einrichtungen wünschen sich zum Beispiel Hilfe bei der Vermittlung von Basiswissen – also was ist Hinduismus, Christentum, Judentum, Islam. Andere wollen eher in Richtung Kommunikationstraining gehen, beispielsweise im Bezug auf den Austausch mit Personen unterschiedlicher religiöser Überzeugungen. Als dritten Schwerpunkt bietet das IZG Formate für Menschen im multireligiösen Umfeld an. Zum Beispiel beraten wir Paare, wie sie ihre Hochzeit multireligiös feiern können.
Am Sonntag wird nun erst einmal Ihr Antritt als Kreispfarrerin gefeiert. Wird es bei dem Begrüßungsgottesdienst ebenfalls multireligiöse Aspekte geben? Es ist in dem Falle kein interreligiöses Format, sondern ein evangelischer Gottesdienst. Ich habe aber ganz bewusst Gäste verschiedener Religionen im Gottesdienst eingeladen. So dass es am Sonntag zu einem Begegnungsformat kommt, bei dem verschiedene religiöse und kulturelle Vereine zusammenkommen. Beispielsweise habe ich eine jüdische Sängerin eingeladen, die musikalische Stücke darbieten wird. Außerdem bekomme ich ein Segenswort von jüdischen und muslimischen Kolleg*innen zugesprochen.
- Der Festgottesdienst zum Dienstbeginn von Juni Hoppe findet am Sonntag, den 12. März 2023, in der Genezarethkirche, am Herrfurthplatz 14 statt. Um 17 Uhr geht es los. Mehr Informationen zum IZG und dessen interreligiösen Gebeten finden sie auf dieser Webseite.
- Wer einen Vorschlag hat, welcher Mensch hier unbedingt vorgestellt gehört: Gerne mailen an: madlen.haarbach@tagesspiegel.de