Intro

von Christian Hönicke

Veröffentlicht am 22.11.2018

Sie wollen heiraten? In Pankow? Dann machen Sie sich auf etwas gefasst. Holger Barthel und Linda Schmidt wollen das nämlich auch, am 1. Juni 2019. Eine Location für die Feier haben sie bereits reserviert. Doch so einfach ist das nicht, zumindest nicht in Pankow. „Es soll der schönste Tag in unserem Leben werden und begonnen hat er mit einem Albtraum“, schreibt Holger Barthel.

Seit September versuchen die beiden Heiratswilligen nämlich erfolglos, einen Termin für die „Anmeldung einer Eheschließung“ beim Pankower Standesamt zu bekommen. Am 17. September baten sie per Mail um einen solchen Termin Anfang Dezember, da der Zeitraum im Online-Buchungssystem noch gar nicht verfügbar war. Ohne die Anmeldung im frühen Dezember aber fürchteten sie, keinen Standesamts-Termin für die tatsächliche Eheschließung im beliebten Hochzeits- und Jugendweihemonat Juni mehr zu bekommen.

Eine Antwort erhielten sie nicht. Am 14. Oktober hakten sie noch einmal nach: „Wir bitten Sie nochmals schriftlich um einen Termin für den 3.12. oder 4.12.“ Darauf bekamen sie die Nachricht, per Mail könne man keine Termine vergeben, nur über das Online-System. „Die Termine für den 03.12./04.12.2018 werden erst am 03.11./04.11.2018 online freigeschaltet. Oder nutzen Sie an beiden Tagen unsere offene Sprechstunde (siehe Öffnungszeiten). Eine Garantie für die Bearbeitung ohne Termin gibt es leider nicht.“

Das Paar bereitete sich akribisch auf die Online-Terminschließung vor. Es übte schon Wochen vor der Freischaltung ihrer Wunschtermine, gemeinsam am Rechner auf den Ja-Button zu drücken. Doch bei den Probebuchungen fiel den beiden auf, dass das System nicht richtig funktionierte. „Online ist es trotz blau hinterlegtem ‚buchbaren‘ Button nicht möglich, einen Termin zu reservieren“, meldete Barthel ans Standesamt. „Klicke ich den Button probehalber für eine Buchung an, lassen sich die Termine nicht mehr anwählen, daher versuche ich es seit 1,5 Monaten per Mail.“

Aus dem Rathaus bekamen sie die beruhigende Nachricht: Die Terminvergabe funktioniere einwandfrei. „Ich weiß, es ist nicht einfach, aber machbar. Ich bekomme täglich Rückmeldung von Paaren, die erfolgreich waren und mir das erfreulicher Weise mitteilen.“ Dazu abermals den Verweis auf die offene Sprechstunde, sollte es online doch nicht klappen: „Eine Garantie für die Bearbeitung ohne Termin gibt es leider nicht.“

Dann kam der große Tag, beziehungsweise das große Wochenende. Den 3. und 4. November reservierten sich Holger Barthel und Linda Schmidt komplett für die Online-Lotterie des Standesamts und hofften auf den Hauptgewinn: einen Termin für die „Anmeldung einer Eheschließung“ Anfang Dezember. Am Sonntagabend gaben sie auf und schrieben entnervt ans Standesamt: „Wir haben das ganze Wochenende vorm PC gesessen und die Terminvereinbarungsseite aktualisiert.“

Doch Samstagnacht zwischen 0.10 Uhr und 0.30 Uhr sei der 3.12. einfach als ausgebucht markiert worden. Und der Termin für den 4.12. sei weiterhin nicht buchbar. „Wir haben uns das ganze Wochenende versaut, meine Verlobte ist völlig verzweifelt und den Tränen nah“, schrieb Barthel. „Was sind das nur für Zustände?“ Natürlich kenne er die Geschichten um die Überlastung im Standesamt, „ich weiß, sich immer die Anfeindungen anhören, das ist nicht einfach. Aber dann unternehmen Sie endlich was. Gehen Sie auf die Straße oder fordern Geld beim Senat. In der Kfz-Zulassung habe ich im September in 15 Minuten mein Auto angemeldet, da geht es ja jetzt schließlich auch.“ Als Antwort erhielten sie: „Ich empfehle die Variante ohne Termin, sollte es mit der Online-Buchung nicht klappen.“

Inzwischen ist es fast Dezember, und Holger Barthel und Linda Schmidt haben weiterhin keinen Termin für die „Anmeldung einer Eheschließung“ in Pankow. „Wir werden uns also am 3.12. ab 7 Uhr anstellen und auf einen Termin für einen Termin hoffen.“ Denn eine Garantie für die Bearbeitung … – na, Sie wissen schon.

In Pankow leben übrigens die mit Abstand meisten unverheirateten Paare aller Berliner Bezirke: 24.700 (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg/2016). Vermutlich warten die alle nur auf einen Termin zur „Anmeldung einer Eheschließung“. Aber man kann es ja auch positiv sehen: Wer es irgendwann tatsächlich ins Standesamt schafft, der hat schon mal die härteste Eheprüfung hinter sich.

Christian Hönicke ist Pankower. Wenn Sie Anregungen, Kritik oder Wünsche haben, schreiben Sie ihm einfach eine E-Mail an leute-c.hoenicke@tagesspiegel.de.