Intro
von Christian Hönicke
Veröffentlicht am 29.11.2018
noch dickere Luft als sonst gab es am Mittwoch in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Grund war eine „sachliche Stellungnahme“, die Roland Schröder der BVV vorwegschickte. Der SPD-Fraktionsvorsitzende kritisierte das Bezirksamt in scharfen Worten. Es gebe eine „fraktionsübergreifende Unzufriedenheit mit zwei Stadträten“. Sie würden Beschlüsse der BVV „ignorieren, manchmal sogar boykottieren. Ich sehe reine Arbeitsverweigerung.“
Angesprochen fühlen durften sich Baustadtrat Vollrad Kuhn (B‘90/Grüne) und Ordnungsstadtrat Daniel Krüger (parteilos/für AfD). Dem Baustadtrat warf Schröder vor, die Interessen des Bezirks gegenüber dem Senat nicht zu vertreten, etwa beim Bauprojekt „Blankenburger Süden“ (siehe Namen & Neues) und der Sicherung der Kleingartenanlagen im Bezirk. „Mein Eindruck: Es gibt sehr häufig eine größere Nähe zur Senatsverwaltung als zum Bezirk“, sagte Schröder. „Das kann nicht sein. Sie sind nicht dem Senat gegenüber rechenschaftspflichtig, sondern uns. Was denken Sie, wer Sie in diese Position gewählt hat und wie lange wir uns das noch ansehen?“ Unterstützung für seine Schelte bekam Schröder unter anderem vom Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, Wolfram Kempe (Linke). Schröder lobte in dem Zusammenhang Kuhns Vorgänger Jens-Holger Kirchner, der die Position des Bezirks stets gegen Widerstände des Senats verteidigt habe.
Auch in Sachen Mieterschutz zeige Kuhn im Gegensatz zu seinem Parteikollegen Florian Schmidt in Friedrichshain-Kreuzberg nicht genügend Biss, kritisierte Schröder. „Wenn er sich auf die Barrikaden schwingen würde, würde ihn die BVV auf einem Schild tragen.“ Stattdessen habe er etwa mit der umstrittenen Firma „Deutsche Wohnen“ in den Anlagen Tops- und Grellstraße ohne Beteiligung der BVV nur „eine dünne Vereinbarung“ zur Sanierung ausgehandelt, obwohl es mehr Möglichkeiten gegeben habe (siehe Namen & Neues).
Rundweg mangelnden Arbeitsethos warf Schröder dem Ordnungsstadtrat Daniel Krüger vor. Er habe mehrere Arbeitsaufträge der BVV nicht umgesetzt, etwa die Beseitigung von Schrottfahrrädern aus dem Straßenbild. „Da hat man festgestellt, hoppla, es ist viel Arbeit, und deswegen lassen wir es.“ Das sei eine „Respektlosigkeit“ gegenüber der BVV. Die von Krüger angeführten mangelnden Ressourcen im Ordnungsamt könnten das nicht rechtfertigen.
Eine unverhohlene Warnung richtete Schröder an beide Stadträte: „Wenn das noch häufiger passiert, dann werden wir Sie öffentlich missbilligen. Und im Zweifel kann die BVV ein Mitglied des Bezirksamts auch abberufen.“ Es gebe dazu bereits eine fraktionsübergreifende Zweidrittelmehrheit in der BVV. „Ich hoffe, Sie nehmen sich diese Worte zu Herzen“, schloss Schröder, „und die Zusammenarbeit in den nächsten drei Jahren klappt besser als in den vergangenen zwei.“
Na, das ist doch ein spannender Auftakt zu unserem heutigen kleinen BVV-Spezial…
Christian Hönicke ist Pankower. Wenn Sie Anregungen, Kritik oder Wünsche haben, schreiben Sie ihm einfach eine E-Mail an leute-c.hoenicke@tagesspiegel.de.