Intro
von Christian Hönicke
Veröffentlicht am 15.08.2019
Pankow wird kaputtgespart. Der Investitions- und Sanierungsstau bei der öffentlichen Infrastruktur im Bezirk geht längst „in die Milliarden“. Das sagt der Bezirksstadtrat Torsten Kühne (CDU), Berechnungen quer über alle Ressorts des Bezirksamts belegen dies. Wir haben sie hier einmal zusammengetragen. Demnach gibt es infolge der Sparpolitik des Senats „erheblichen Pflege- und Instandsetzungsbedarf“ unter anderem bei
- Schulgebäuden (1,3 Milliarden Euro inklusive aller Modernisierungsmaßnahmen, An- und Ergänzungsbauten laut Kühne – 143 Millionen Euro nur für Sanierungen laut einem Grobscan der Schulverwaltung von 2016)
- Schulhöfen (78 bis 100 Millionen Euro)
- öffentlichen Bürogebäuden (mind. 100 Millionen Euro)
- Straßen/Geh- und Radwegen (95,6 Millionen Euro)
- Grünflächen (70 bis 80 Millionen Euro)
- Sportanlagen (41,2 Millionen Euro)
- kommunalen Kitas (45 Millionen Euro)
- Spielplätzen (24 Millionen Euro)
Eine Liste des Schreckens, die noch nicht einmal vollständig ist. Das Problem ist nach Aussage Kühnes und seines Stadtratkollegen Vollrad Kuhn (B’90/Grüne), dass Pankow noch nicht einmal genügend Ressourcen hat, um die tatsächliche Höhe der nötigen Mittel zu errechnen. Laut Kühne hat der Senat zwar zumindest für die Sanierung der Schulgebäude die nötigen Mittel bewilligt. Doch bei den anderen Posten bekommt der einstige „Konsolidierungsbezirk“ (hier wurde besonders viel gespart) nur einen Bruchteil der benötigten Summen. Für die Sanierung von Kitas etwa waren 2018 nur zwei Millionen Euro verfügbar. Deswegen wird der Sanierungsstau nicht aufgelöst, sondern Jahr für Jahr immer größer.
Der Senat lasse Pankow hängen, erklärt auch Stadtrat Daniel Krüger (parteilos/für AfD). „Wir bleiben aus Personal- und Geldmangel auf unserer Verantwortung sitzen.“ Aber das gelte nicht nur für Pankow, das habe er schon als Stadtrat in Tempelhof-Schöneberg gemerkt. Dort war er, noch als CDU-Mitglied, Baustadtrat bis 2016.
Endlich öffentlichen Widerstand gegen dieses Kaputtsparen fordert Uwe Scholz. Der Weißenseer stemmt sich gegen den Verfall der öffentlichen Infrastruktur Pankows, insbesondere der Spielplätze. Doch er fühlt sich dabei von Politik und Verwaltung im Bezirk allein gelassen. Die fünf Bezirksstadträte und -innen attackiert er nun scharf: Sie würden die Interessen aller Pankower verraten, weil sie die desaströse Mangelwirtschaft des Senats deckten, statt dagegen mit aller Vehemenz anzukämpfen.
Diese Beschwichtigungspolitik habe verheerende Folgen für den Bezirk und müsse ein Ende haben, fordert Scholz im Interview (siehe Nachbarschaft). Er ruft etwa Bürgermeister Sören Benn (Linke) dazu auf, eine „aufrüttelnde und schonungslose Rede“ zu halten, um in aller Deutlichkeit auf Pankows dramatische Lage hinzuweisen.
Der Pankower Notstand wurde am Mittwoch in der BVV tatsächlich ausgerufen – zumindest in Teilen. Ein kleiner Anfang im Scholz’schen Sinne war dabei die öffentliche Klage Benns über die gravierende Platznot in den Bezirksamtsbüros. Und kurz darauf erklärten die Verordneten Pankow auch noch zur Klimanotstandszone. Mehr dazu unter Namen & Neues.
Christian Hönicke ist Pankower. Wenn Sie Anregungen, Kritik oder Wünsche haben, schreiben Sie ihm einfach eine E-Mail an leute-c.hoenicke@tagesspiegel.de.