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von Christian Hönicke
Veröffentlicht am 25.02.2021
Berlin soll das Kino „Colosseum“ kaufen. Das fordert die Bezirksverordnetenversammlung Pankow durch einen Beschluss, den sie am Mittwoch fasste. Das Bezirksamt solle sich „auf allen Ebenen“ dafür einsetzen, „das Gesamtensemble des teilweise denkmalgeschützten Kulturstandortes ‚Colosseum‘ für das Land Berlin zu erwerben“. Dazu seien „kurzfristig die Gespräche mit den relevanten Senatsverwaltungen zu intensivieren und den Eigentümer*innen ein entsprechendes Interesse anzuzeigen“. [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Das Colosseum an der Schönhauser Allee ist eines der ältesten Kinos Deutschlands. Es gehört der Erbengemeinschaft des Kino-Mäzens Artur Brauner. Im Frühjahr 2020 meldete diese Insolvenz für die Kino-Betreibergesellschaft an und stellte den Filmbetrieb ein. Danach wurde bekannt, dass schon seit Anfang 2019 Pläne für die Umgestaltung des Areals in Prenzlauer Berg zu einem Bürokomplex existieren. Ein entsprechender Bauvorbescheid wurde durch das Bezirksamt bereits ausgestellt. Offenbar wollen die Erben das Grundstück weiterverkaufen, im Bezirksamt geht man von einem Wert im zweistelligen Millionenbereich aus.
„Wir haben hier seit einem Jahr eine Leerstelle“, sagte Fred Bordfeld von der Linkspartei, die den Antrag stellte. Das Bezirksamt habe viel versucht in Gesprächen mit den Eigentümern, unter anderem wurde bereits ein Kauf durch den Senat geprüft. „Aber wir haben nicht das Gefühl, dass dort richtig etwas vorwärts geht“, so Bordfeld.
Das Gefühl der Verordneten trügt sie nicht. Es gebe „leider keinerlei Neuigkeiten“, berichtet Bürgermeister Sören Benn (Linke) über seine Kontaktversuche zu den Brauners. „Es herrscht derzeit Funkstille. Auf Nachfragen des Bezirksamtes zum Fortgang der Dinge wird von Seiten der Eigentümer im Augenblick nicht eingegangen.“
„Wir wollen nun ein Signal aussenden, dass der Bezirk mit der Hilfe der zuständigen Senatsverwaltung in Verantwortung geht“, begründete Bordfeld daher den BVV-Beschluss. Die SPD-Politikerin Annette Unger pflichtete dem bei: „Es geht darum, eine Schippe draufzulegen. Wir wollen klarmachen: Wir wollen dieses Gebäude irgendwie erhalten, in erster Linie für Kultur.“
Das Colosseum sei „wichtig für Prenzlauer Berg, für den Bezirk, und auch für die Stadt“, so Bordfeld. Der Beschluss sieht dort Potenzial für einen „Campus und Experimentierfeld von Film- und Kulturschaffenden“, der „auch für eine internationale Szene einen attraktiven Treffpunkt“ darstellen könnte.
Die CDU kritisiert die Kaufabsicht dennoch. Es sei wichtig, den Kulturstandort zu erhalten, erklärte Fraktionschef Johannes Kraft. Dazu habe die BVV bereits Beschlüsse gefasst. „Aber Bezirk und Land sollten nicht ohne konkreten Plan ein erhebliches finanzielles Risiko für die Steuerzahler eingehen.“ Es sei sinnvoller, gemeinsam mit den Eigentümern an einer Lösung zu arbeiten: „Möglich wäre zum Beispiel ein Trägermodell.“ – Text: Christian Hönicke
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