Intro
von Constanze Nauhaus
Veröffentlicht am 15.07.2021
was, Sie befürchten an dieser Stelle schon ein Sommerloch? Dann fahren Sie mal nach Wilhelmsruh, dort zieren ganze Familien von Sommerlöchern die Gehwege! Leider auch im Winter, Herbst und Frühling, für viele Anwohnende „eine echte Zumutung“, erzählt uns Leserin Corinna Wellmann. Seit mehr als 20 Jahren lebt sie in Wilhelmsruh, und der Zustand von Gehwegen und Straßen im Kiez um Toller-, Nieder- und Garibaldistraße sei teilweise katastrophal – manche müssten eigentlich „unter Denkmalschutz stehen“, findet Frau Wellmann. Der Untergrund sei uneben, teils fehlten Gehwege ganz, vor allem für mobilitätseingeschränkte Menschen eine alltägliche Herausforderung. Zudem riss Sturmtief „Xavier“ eine alte Linde samt Fußwegpflasterung heraus, der Schaden ist bis heute zu sehen – das war vor drei Jahren.
[Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Doch es bewegt sich was. Allerdings vielleicht nicht für alle in die optimale Richtung: Vor einigen Wochen wurde in der Niederstraße ein Fußweg angelegt, sehr breit und „von meisterlicher Hand“, sagt Frau Wellmann. Der Weg sei mit Pollern bestückt, davon einer „direkt auf dem Gehweg“ – für sehbehinderte Menschen und Rollstuhlfahrer keine willkommene Neuerung.
Dem Straßen- und Grünflächenamt sind die Zustände in Wilhelmsruh bekannt, heißt es dort. Auch, „dass es an einigen Stellen an Barrierefreiheit fehlt“, sagt der zuständige Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) in Abstimmung mit Pankows Beauftragtem für Menschen mit Behinderung, Detlef Thormann. Und kündigt entsprechende Umbaumaßnahmen für die „nächsten Jahre“ an, die über das Bordabsenkungsprogramm finanziert werden sollen. Konkret in der Niederstraße nun, zwischen Waldsteig und Tollerstraße, sei der Gehweg durch halbseitig parkende Fahrzeuge regelmäßig zerstört und nicht passierbar, sodass mehrfach Sanierungsarbeiten stattfinden mussten. Deshalb habe man nun den Gehweg komplett instandgesetzt und ihn, damit er besser passierbar wird, verbreitert und mit Pollern versehen (unter anderem den Pollern mitten auf dem Gehweg), um das halbseitige Parken zu unterbinden. „Nach Ortslage“, so Kuhn, „ist auch davon auszugehen, dass die Fußgängerfrequenz sehr gering sein dürfte, so dass Beeinträchtigungen der Gehwegnutzung mithin als unwahrscheinlich einzuschätzen sind.“
Doch als Anwohnerin kennt man die Nachbarn: „Es gibt hier viele Menschen, die auf Rollstühle, Rollatoren etc. angewiesen sind, und öfter sehe ich stark sehbehinderte Menschen mit Blindenstock“, erzählt uns Corinna Wellmann. Immerhin: Die Poller auf dem Gehweg sollen demnächst mit Reflexfolie besser sichtbar gemacht werden, verspricht der Stadtrat. Und es sei ja eine Restbreite von zwei Metern als „hindernisfreier Durchgang“ gewährt. Doch nach welchen Kriterien werden hier Fußwege erneuert? Denn zufällig stünden direkt dort, wo nun saniert wurde, fünf erst vor wenigen Jahren neu errichtete Einfamilienhäuser, erzählt Corinna Wellmann. „In erster Linie nach dem Sicherheitsaspekt“, so Kuhn. „Ist Gefahr in Verzug, wird umgehend gehandelt. Sind Gefahrenstellen jedoch durch kleine Reparaturmaßnahmen nicht mehr tragbar, werden größere Sanierungsmaßnahmen ausgeführt“, allerdings: „je nach Vorhandensein finanzieller Mittel“.
Immerhin: Auch der Ausbau einer neuen Fahrbahndecke und eines neuen Radweges befinden sich laut Kuhn derzeit „in Planung“. Und in der Tollerstraße zwischen Hertzstraße und Garibaldistraße sei zum Beispiel der Gehweg in Höhe des Parks am Ententeich ebenfalls mit Pollern versehen worden. „Hier entschied man sich, den noch intakten Gehweg zu schützen.“ Vor Enten? Nein, vor Falschparkern.
Constanze Nauhaus ist im Prenzlauer Berg aufgewachsen und Berlin-Redakteurin beim Tagesspiegel. Schreiben können Sie ihr via E-Mail an constanze.nauhaus@tagesspiegel.de oder bei Twitter. (Anregungen für künftige Newsletter nimmt wie immer Christian Hönicke entgegen: leute-c.hoenicke@tagesspiegel.de.)