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von Christian Hönicke

Veröffentlicht am 07.12.2023

ranghohe Unterstützung für geplagte Anwohner im Prenzlauer Berger Kneipenlärmstreit: Ein Berliner Senatsrat a.D. hat sich in Schreiben an das Bezirksamt Pankow und Berlins Regierenden Bürgermeister gewandt und „dringend“ Maßnahmen zum Schutz der Nachtruhe gefordert.

Der Jurist Michael Eule war unter anderem Referatsleiter in der Berliner Senatswissenschaftsverwaltung sowie Rechtsamtsleiter des Bezirksamtes Kreuzberg. „Die unzureichende Einhaltung des Gaststättengesetzes in der Oderberger Straße widerspricht meiner Auffassung für Recht und Ordnung“, schreibt er der Pankower Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU), die für das Ordnungsamt zuständig ist.

„Wirtschaftsförderung ist gut und wichtig, aber sie muss in Abwägung mit den Belangen der Anwohner erfolgen, insbesondere durch geeignete Auflagen und deren Durchsetzung.“ Dazu gehöre auch „die Verhinderung von Lärm durch den Aufenthalt von Gästen in Schankgärten in der Nachtzeit“.

Anders-Granitzki hatte in ihrer Rede vor der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) dem lärmgeplagten Anwohner Lars Nickel kürzlich mitgeteilt, dass ihr Ordnungsamt nur bei einer „massiven Beschwerdelage“ tätig werden könne. Dies kontert Eule mit einem Verweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin aus dem Juli dieses Jahres. Darin heißt es: „Überschreitet der Betrieb einer Außengastronomie die für ein allgemeines Wohngebiet geltenden Richtwerte (…) deutlich, kann eine Sperrzeitvorverlegung auch dann verfügt werden, wenn sich nur eine Person (berechtigterweise) in ihrer Nachtruhe gestört fühlt.“ Dabei „kommt es auf die Zahl der Beschwerden nicht an“.

Das Urteil hatte das Vorgehen des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf bestätigt. Es hatte einen Gastronomiebetrieb dazu verpflichtet, während der Nachtzeit den Aufenthalt von Gästen im Vorgarten zu unterbinden. Dies fordert auch Nickel in der Oderberger Straße. Der gebürtige Prenzlauer Berger schlägt vor, das Hochstellen der Bänke vorzuschreiben, damit diese nach Geschäftsschluss auch nicht mehr für inoffizielle Partys benutzt werden können (lesen Sie hier das komplette Interview mit Nickel). Laut Anders-Granitzki ist dies in Pankow rechtlich nicht möglich.

Das Ordnungsamt in Charlottenburg-Wilmersdorf hatte nach Anwohner-Beschwerden eine eigene Lärmberechnung angestellt und daraufhin Restriktionen angeordnet. Dies hat das Ordnungsamt Pankow in der Oderberger Straße bisher abgelehnt – Anders-Granitzki hatte dies jedoch auf der BVV zumindest in Aussicht gestellt.

Der parteilose Jurist Eule sieht die bisherige Untätigkeit der Pankower Behörden als gesetzeswidrig an. „Ich hoffe, dass die Durchsetzung von Recht und Ordnung in Pankow auch für die Bürgerinnen und Bürger und nicht nur für die Wirtschaft gilt“, schreibt er Anders-Granitzki. „Ein verlorener Prozess vor dem Verwaltungsgericht wäre nicht gut für das Bezirksamt und auch nicht für Sie persönlich.“

Eine zeitnahe Erteilung von geeigneten Lärmschutzauflagen für die Oderberger Straße sei vielmehr „dringend erforderlich“, so der Jurist weiter. Hier sei der Bezirk in der Pflicht: „Wenn die Polizei nicht die erforderlichen beweiskräftigen Messungen vornehmen kann, ist es Aufgabe des Umweltamtes, die erforderlichen beweiskräftigen Messungen vorzunehmen.“

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) solle hier auf seine Parteikollegin Anders-Granitzki einwirken, forderte Eule. Schließlich habe Wegner zu seiner obersten Priorität gemacht, „dass die Berliner Verwaltung im Interesse ihrer Bürger wieder funktioniert. Dieses politische Ziel scheint bei der CDU-Stadträtin von Pankow, Frau Manuela Anders-Granitzki, nicht angekommen zu sein.“ Sie unternehme „nichts zum Schutz der Anwohner der Oderberger Straße vor Kneipenlärm“.

Eule kritisiert das Vorgehen der Pankower Behörden als „Abschieben der Beweispflicht auf den Bürger“. Dies sei „Behörden-Pingpong und das Gegenteil der Perspektive einer funktionieren Berliner Verwaltung“, beklagt er sich bei Wegner.