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von Christian Hönicke
Veröffentlicht am 04.07.2024
genervte Anwohner haben im Kneipenlärmstreit von Prenzlauer Berg einen ersten Erfolg errungen. Nachdem sie juristisch gegen das Ordnungsamt vorgegangen sind, ist dieses nach langem Zögern jetzt tatsächlich zur Tat geschritten und hat Gastronomen in der Oderberger Straße offenbar schärfere Vorgaben auferlegt.
Anlass ist eine „Untätigkeitsklage“ gegen das Bezirksamt vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Diese wurde aus dem Umfeld der Initiative „Mach mal halblaut“ gestellt, die gegen nächtlichen Kneipen- und Partylärm vorgeht. Das Ordnungsamt hatte sich bisher für unzuständig erklärt und bei nächtlichen Ruhestörungen auf die Polizei verwiesen.
Zudem hatte das Ordnungsamt darauf bestanden, es könne nur bei einer „massiven Beschwerdelage“ tätig werden – das wies das Verwaltungsgericht nun im Rahmen des Rechtsstreits zurück. Es komme nicht darauf an, „wie viele Personen sich über Lärmbelästigungen beschweren“. Vielmehr müssten „objektive Maßstäbe“ angewandt werden – etwa Lärmmessungen.
Nun rückten die Ordnungsamtler nach Tagesspiegel-Informationen offenbar doch aus, um mal nachzumessen. Konkret seien unlängst die Außenbereiche von Gastronomieeinrichtungen während der Nachtruhe überprüft worden, berichten Anwohner. Dabei seien nachts bis zu 20 Dezibel über dem erlaubten Wert gemessen worden. Bereits 5 Dezibel mehr gelten als Verdopplung der Lautstärke.
Nach Tagesspiegel-Informationen haben nun mehrere Restaurants an der Kreuzung Kastanienallee restriktivere Auflagen erhalten. Sie müssen demnach ihre „Schankvorgärten“ auf dem Gehweg zum Beginn der gesetzlichen Nachtruhe um 22 Uhr schließen – bisher war keine Schließzeit festgelegt.
Außerdem müssen die Sitzmöbel bis spätestens 22.30 Uhr hochgestellt oder so abgeschlossen werden, damit feierfreudige Gruppen sie nicht für ungenehmigte nächtliche Gehweg-Partys nutzen können. Die zuständige Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) hatte eine solche Anordnung im Dezember 2023 noch als rechtlich nicht möglich dargestellt.
Auf die Frage, ob das Hochstellen nun doch angeordnet worden sei, antwortete die Stadträtin nicht direkt. Sie wollte mit Hinweis „auf ein laufendes verwaltungsgerichtliches Streitverfahren (…) keine detaillierten Auskünfte“ geben. Anders-Granitzki erklärte lediglich allgemein, dass „in Fällen von Lärm aus Schankvorgärten“ eine „Prognoserechnung“ durch das Umwelt- und Naturschutzamt vorgenommen werde. „Sofern hierbei eine Überschreitung des zulässigen Lärmrichtwertes zur Nachtzeit ermittelt wird, werden ordnungsbehördliche Maßnahmen, wie etwa die Vorverlegung des Sperrzeitbeginns auf 22 Uhr für den Betriebsteil ‚Schankvorgarten‘ durchgeführt.“
Anders-Granitzki bestätigte immerhin, „dass in dem örtlichen Bereich Oderberger Straße/Ecke Kastanienallee derartige ordnungsbehördliche Maßnahmen anhängig sind“. Bisher wird die Fremdnutzung der Möbel nach Anwohnerangaben allerdings noch immer nicht wirkungsvoll verhindert – die Bänke und Tische sind demnach lediglich mit Kabeln gegen Diebstahl gesichert und werden weiter für nächtliche Partys genutzt.