Kiezkamera

Veröffentlicht am 09.01.2020 von Christian Hönicke

Wie in Bolivien: Benn schlägt Seilbahn gegen Verkehrschaos vor. Kann eine Seilbahn die großen Verkehrsprobleme im Norden Pankows lösen? Diese Idee wirft Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) in die Runde. Zwar liege die Verantwortlichkeit für Verkehrsplanungen auf Landesebene – doch habe der Bezirk eine Mitverantwortung, nach Lösungen zu suchen.

Darum habe Benn die Initiative ergriffen und den renommierten Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim zu einem Vortrag über urbane Seilbahnsysteme eingeladen, teilt das Bezirksamt mit. Ziel des Termins Ende Januar sei es, „sich einer Antwort auf die Frage zu nähern, ob und unter welchen Voraussetzungen (…) Seilbahnsysteme im Nordostraum, z. B. im Blankenburger Süden, in Karow und Buch oder auch als Tangentiale geeignet sein können“.

Im Norden des Bezirks herrschen seit langem Dauerstau und Pendlerfrust. Und angesichts der geplanten bis zu 15.000 neuen Wohnungen zwischen Heinersdorf und Buch stellt sich die Frage, wie die neuen Bewohner in die Stadt kommen sollen. Bisher fehlt vom Großplan zum Verkehrsraum Nordost, den die Senatsverkehrsverwaltung erstellen soll, jede Spur.

Durch „frustrierende Erfahrungen mit dem Fortgang der bisherigen Verkehrsplanungen“ habe sich Benn seit Oktober mit kreativen Verkehrslösungen befasst, sagt er auf Nachfrage. Der Berliner Nordosten sei „der Raum mit den derzeit größten Verkehrsproblemen und gleichzeitig jener mit den größten Wohnungsbaupotenzialen. Wir brauchen für die Lösung der Verkehrsprobleme in Berlin mehr Kreativität und Innovationsfreude.“

Auf die Idee einer Seilbahn kam vor kurzem auch die SPD in Köpenick – damit will sie die Dahme überbrücken und auf die Müggelberge. In Marzahn gondelt seit der IGA bereits eine durch die „Gärten der Welt“ (siehe Foto oben). Auch in München wird der Bau einer Seilbahn derzeit geprüft. „Die technischen Innovationen der letzten Jahre machen urbane Seilbahnsysteme aus meiner Sicht zu einer ernstzunehmenden Variante des ÖPNV“, sagt Benn. „Das kann man in La Paz ganz gut sehen.“

In Boliviens Hauptstadt wurde seit 2014 das größte städtische Seilbahnnetz der Welt aufgebaut. Zehn Linien mit insgesamt rund 30 Kilometern Länge sollen den staugeplagten Autoverkehr entlasten. Per Gondel wird dabei sogar der Flughafen angefahren. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Seilbahnen beträgt 15 km/h.

Schweben so künftig auch Karower und Buchholzer durch (oder besser: über) Pankow? Benn hält das für denkbar. Seilbahnen seien „sicher, leise, emissionsfrei und preiswert in Bau und Betrieb. Sie können ohne Fahrplan rund um die Uhr zur Verfügung stehen.“ Bei zunehmenden Flächenkonkurrenzen würden Gondelbahnen auch weniger des knappen städtischen Raumes verbrauchen, sagt Benn: „Daraus habe ich den Schluss gezogen, dass eine nähere Betrachtung lohnt.“ – Text: Christian Hönicke / Foto: Kitty Kleist-Heinrich

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