Kiezkamera
Veröffentlicht am 10.12.2020 von Christian Hönicke
Riesenrad statt Hochhäuser: So sollte der Thälmann-Park eigentlich aussehen. Er war das letzte DDR-Großprojekt im heutigen Bezirk Pankow: der Ernst-Thälmann-Park. 1986 entstand er auf dem Gelände des früheren Gasometers, seit 2014 steht das Hochhaus-Ensemble unter Denkmalschutz. Die Ausstellung „Der Ernst-Thälmann-Park. Komplexe Planungen für ein Prestigeobjekt“ widmet sich der wechselvollen Entstehungsgeschichte. Beleuchtet wird insbesondere die bewusste Verbindung von Thälmann-Denkmal, Wohnungsbau, Parklandschaft und Gesellschaftsbauten wie dem Planetarium zu einem ideologisch eingefärbten Gesamtbild.
Dabei waren die markanten Hochhäuser zunächst gar nicht eingeplant. Zwar verkündete Erich Honecker schon 1976, dass das stinkende Gaswerk zwischen Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße nach mehr als 100 Jahren stillgelegt werden sollte. Doch erste Überlegungen für die Nachnutzung des Geländes sahen statt eines Wohnviertels lediglich einen großzügigen „Freizeit-, Spiel- und Erholungspark“ vor. Der sollte die Lebensbedingungen im dicht besiedelten Prenzlauer Berg dauerhaft verbessern. Lediglich die drei Gasometer an der Ringbahn im Nordosten sollten als Planetarium oder Badelandschaft umgenutzt werden. [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Die erste „Lagestudie“ des Ost-Berliner Magistrats von 1978 verortete zudem in der Mitte des Parks eine Denkmalanlage zu Ehren des ,,Arbeiterführers“ Ernst Thälmann samt Kundgebungsplatz und Riesenrad an der Prenzlauer Allee vor – siehe Foto oben. Dazu wurde vorgeschlagen, das Revolutionsdenkmal von Ludwig Mies van der Rohe zu rekonstruieren, welches sich bis zu seiner Zerstörung 1935 auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde befunden hatte.
Im überarbeiteten Plan von 1979 wurde das Thälmann-Denkmal an den heutigen Standort an der Greifswalder Straße verlegt. Dabei wurde die Dimension der Denkmalanlage stark erweitert und der Grünanteil deutlich reduziert.
Erst im Jahr 1981, in dem das Gaswerk endgültig stillgelegt wurde, tauchten angesichts der Wohnraumknappheit in Ost-Berlin erstmals Pläne für eine Bebauung des Geländes mit etwa 1300 Wohnungen auf. Der sowjetische Bildhauer Lew Kerbel bekam von Honecker persönlich den Auftrag zur Gestaltung des Thälmann-Denkmals. Die Hochhäuser sollten als imposante Kulisse im Hintergrund dessen Wirkung noch verstärken.
Der Bau des Ensembles begann 1983, drei Jahre später wurde die Anlage samt der Hochhäuser zum 100. Geburtstags Thälmanns schließlich fertiggestellt. Trotz Protesten wurden die markanten Gasometer abgerissen, an ihrer Stelle wurde dafür das Planetarium gebaut – und weiter östlich eine neue Schwimmhalle.
Die Ausstellung zeichnet diese Wendungen im Detail nach. Sie wurde gemeinsam von mehreren Stiftungen, Kultureinrichtungen und Vereinen zum 100. Geburtstag Groß-Berlin realisiert. Die Ausstellung ist online unter www.thaelmann-park.berlin und nach der Wiedereröffnung auch im Zeiss-Großplanetarium zu sehen. / Fotos: Magistrat von Berlin, Büro für Städtebau, 1978 (IRS Erkner/Wiss. Samml., Bestand Hubert Matthes) – Text: Christian Hönicke
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