Kultur
"Körperliche Ertüchtigung": AfD preist Pilgern durch Pankow an
Veröffentlicht am 03.09.2020 von Christian Hönicke
Während der Nachwuchs der AfD am Wochenende beim „Sturm auf den Reichstag“ mitmachte, gibt sich die Pankower Parteifraktion sittsam und fromm. In der Bezirksverordnetenversammlung am Mittwoch bewarb sie intensiv das friedliche Marschieren: das Pilgern. Eine der vielen Jakobsweg-Routen führt auch durch Pankow, nämlich die „Via Emperii“ von bzw. nach Szczecin. Die wichtigsten Wegpunkte aus Bernau kommend: Schlosspark Buch, Karower Teiche, Karpfenteiche, Schlosspark Schönhausen, Bürgerpark und dann an der Panke entlang weiter nach Wedding gen Süden.
In anderen Bezirken wie Tempelhof-Schöneberg soll die Route ausgeschildert werden, die AfD will das nun auch in Pankow. Die Pilgerstrecke solle durch das Bezirksamt „touristisch z.B. mit Hilfe von Informationsmaterial, Hinweisschildern und weiterführenden Informationen in den Tourismusinformationen“ erschlossen und bekannter gemacht werden, lautete ihr Beschlussvorschlag.
Bereits seit einigen Jahren erlebe „das Pilgern einen neuen Aufschwung in ganz Deutschland“, so die Begründung der AfD. Das Teilstück durch Pankow sei „ein wunderschöner Weg mit vielen optischen Reizen und Möglichkeiten zu Einkehr“. Gerade den Tourismusbereich stärke man mit der „Wiederbelebung des Jakobsweges“.
Dabei stehen für die AfD „nicht nur religiöse Gründe im Vordergrund, sondern auch das gemeinsame Zusammenkommen, oder das gegenseitige Besuchen“. Wir zitieren: „Heute ist das Wandern ein Mittel, um die Seele baumeln zu lassen, aus dem Alltag auszubrechen, körperliche Grenzen auszutesten, sich zu erden, Heil zu finden und um zu sich selbst zu kommen. Die körperliche Ertüchtigung in Verbindung mit der ganzen Klarheit von Geist und Seele stellt gerade in unserer heutigen hektischen Zeit einen wichtigen Ausgleich dar.“
Offenbar sind die Bezirksverordneten der anderen Parteien weniger beseelt als die AfD davon, auf dem Pankower Pilgerweg „Heil zu finden“ oder „körperlicher Ertüchtigung“ nachzugehen. Der Antrag wurde jedenfalls abgelehnt – bleibt zu hoffen, dass manche AfD-Mitglieder auch ohne Hinweisschilder bald die „ganze Klarheit von Geist und Seele“ finden. – Text: Christian Hönicke
+++ Diesen Text haben wir dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Pankow entnommen. Den gibt es in voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de
Mehr Themen aus dem Pankow-Newsletter:
- AfD hilft SPD: Zerbricht Rot-Rot-Grün am Jahn-Sportpark?
- Stadtrat missbilligt: BVV diskutiert über Colosseum-Affäre
- Klimanotstand gegen Gastro-Krise: FDP will Heizpilze im Winter
- Neuer Corona-Fall an Pankower Schule
- In Blankenburg wird nicht vor 2030 losgebaut
- „Keine Einsicht, keine Vorsorge“: Warum tut Berlins Verkehrsverwaltung so wenig für die Sicherheit von Schulkindern?
- Rassismus oder „Bullshit“? BVG kritisiert Attacke auf Werbeplakate
- Dicke Luft in Wilhelmsruh: Streit um Industrieabgase verschärft sich – Anwohner wollen klagen
- MACHmit!-Museum öffnet wieder, aber die Finanzlage ist weiter unsicher
- Kirche rehabilitiert erstmals homosexuellen Pfarrer aus Prenzlauer Berg
- Baugenehmigung da: Größtes Berliner Windrad darf gebaut werden
Den Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel gibt es in voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de +++