Kultur
Lauter, härter, schneller: Ausstellung über die Heavy Metal-Szene in der DDR
Veröffentlicht am 21.03.2024 von Christian Hönicke
Biest ist ein schöner Name für eine Heavy-Metal-Band und die Combo aus Brandenburg war auch eine der bekanntesten des Genres in der DDR. Heavy Metal gab es schließlich auch im Arbeiter- und Bauernstaat. Punk in der DDR ist längst ein Forschungsfeld geworden, das bereits in ‘zig Dokumentation und Büchern bearbeitet wurde.
Wie der sozialistische Staat mit der Subkultur Heavy Metal umging, welche Bands es gab und wie die Szene sich zu ihrer Lieblingsmusik verhielt, blieb dagegen retrospektiv lange Zeit ziemlich unterbelichtet. Allein schon deswegen ist die Ausstellung „Heavy Metal in der DDR“, die bis Februar nächsten Jahres im Museum in der Kulturbrauerei zu sehen ist, äußerst verdienstvoll.
Als eigenständiges Genre, das sich dann schnell immer weiter ausdifferenzierte und ungemein populär wurde, hatte Heavy Metal seine goldene Zeit in den Achtzigern. Dank Bands wie den Scorpions, Accept und Kreator war der Schwermetall ein Bereich, in dem es auch Acts aus der BRD zu erstaunlichem internationalen Ansehen brachten.
Gegenüber den Metal-Bands aus der DDR hatten sie freilich einen entscheidenden Standortvorteil. Sie konnten Schallplatten aufnehmen, die in der ganzen Welt verkauft wurden. In der DDR bekam lediglich die populäre Ostberliner Combo Formel 1 die Möglichkeit, ein reguläres Metal-Album auf dem staatseigenen Label Amiga herauszubringen: „Live im Stahlwerk“ aus dem Jahr 1986, von dem dann auch ein Exemplar in der Ausstellung zu sehen ist.
Die Obrigkeiten in der DDR und die Stasi waren, ähnlich wie bei anderen Subkulturen auch, ziemlich überfordert vom Phänomen Heavy Metal. Dessen Fans wussten durchaus die DDR-Bands zu schätzen, waren jedoch vor allem auf die Musik aus dem Westen fixiert. Metallica, Judas Priest und wie sie alle hießen, das waren eben doch die Größten. Für den Staat waren Metal-Fans somit automatisch vom dekadenten Westen korrumpiert. Er begegnete dem harten Rock mit einer Mischung aus Repression und dem Versuch, ihn wenigstens in gesteuerte Bahnen zu lenken.
So wurde er im DDR-Rock-Lexikon von 1983 noch als „faschistoid“ bezeichnet, zwei Jahre später in der FDJ-Jugendzeitschrift „Neues Leben“ dagegen regelrecht abgefeiert. Konzerte der Band Macbeth wurden Mitte der Achtziger verboten, weil es bei diesen zu Ausschreitungen gekommen war, gleichzeitig hatte der Jugendsender DT 64 eine eigene Heavy-Metal-Sendung, die auch eingesandte Tapes von Nachwuchsbands spielte.
Die Heavy-Metal-Fans in der DDR lebten zwar eingeschlossen hinter einer Mauer, aber nicht hinter dem Mond. Dank Ausgaben der eigentlich in der DDR verbotenen Zeitschrift „Metal Hammer“ informierten sie sich darüber, wie man so auszusehen hat als echter Metaller. Lange Haare gehörten natürlich dazu, aber auch allerlei Accessoires.
Da diese nicht einfach zu kaufen waren, bastelte man sie sich einfach selbst zusammen. In der Ausstellung hängt beispielsweise eine Lederjacke, an der Nieten angebracht wurden, die von einem alten Gürtel stammen. Man sieht eine sogenannte Kutte, also eine zerfranste Jeansweste, auf der Aufnäher von Westbands wie Helloween oder Metallica prangen, die selbst hergestellt wurden. Und wer Rob Halford von der britischen Band Judas Priest nachahmen wollte, versuchte sich eine Eisenbahnermütze von der Reichsbahn zu besorgen, die dessen ikonischer lederner Kopfbedeckung ziemlich ähnelte.
Als die Mauer fällt, zerbröselt auch die Metalszene in der DDR. In der Ausstellung, bei deren Konzeption der Historiker Nikolai Okunew beratend zur Seite stand, der seine Dissertation über Heavy Metal in der DDR geschrieben hat, wird auch diese Zeit genau beleuchtet. Einerseits wurde ein Traum wahr und endlich gab es problemlos Zugang zur großen weiten (westlichen) Metal-Welt. Gleichzeitig aber interessierte sich kaum noch jemand für die Eigengewächse, und die meisten der DDR-Bands lösten sich auf.
Aber inzwischen wird sich wieder an sie erinnert. Sogar von Biest gibt es seit ein paar Jahren einen Aufnäher für die Kutte des ostalgischen Metal-Fans von heute. Den man einfach kaufen kann. – Text: Andreas Hartmann
- Die Ausstellung „Heavy Metal in der DDR“ läuft noch bis 9. Februar 2025 im Museum in der Kulturbrauerei, Knaackstraße 97, Di – Fr 9–18 Uhr, Sa/So 10–18 Uhr, Eintritt frei.