Namen & Neues

Immer häufiger wird das Nachtflugverbot ignoriert

Veröffentlicht am 02.05.2019 von Gerd Nowakowski

Der nächtliche Fluglärm über Pankow nimmt immer mehr zu. Nur in zwei von 52 Wochen gab es am Flughafen Tegel 2018 keine Nachtflüge, so die deprimierende Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Reinickendorfer SPD-Abgeordneten Bettina König. Und das trotz des dort bestehenden Nachtflugverbots. An wie vielen Tagen pro Woche mussten die Anwohnerinnen und Anwohner keinen Fluglärm ertragen?, fragte Bettina König. Antwort: In 16 Kalenderwochen 2018 gab es an fünf beziehungsweise sechs Tagen pro Woche Flugbewegungen zur Nachtflugverbotszeit, nur in zwei Kalenderwochen fand zwischen 23 und 6 Uhr morgens kein gewerblicher Linienflugverkehr statt. Die vom Nachtflugverbot ausgenommenen Postflüge sind dabei übrigens nicht enthalten. Die parlamentarische Anfrage finden Sie hier als PDF.

„Die Antworten bestätigen den Eindruck der Anwohnerinnen und Anwohner. Von etwaigen Ausnahmen bei der Durchsetzung des Nachtflugverbots ist bei diesen Zahlen nicht zu reden. Ärgerlicherweise bleiben die geplanten und umgesetzten Maßnahmen u.a. zur Reduzierung von Verspätungen gerade in den späten Abendstunden in der Antwort noch viel zu allgemein. Ich habe den Eindruck, dass die unzufrieden stellende Situation der Anwohner nicht ernst genommen wird und das ‚Verbot‘ der Nachtflüge eher als ‚Richtschnur‘ verstanden und durchgesetzt wird. Auch die Anwohner in Reinickendorf haben ihre Nachtruhe verdient“, sagt die SPD-Abgeordnete König. Das gilt freilich ebenso für die Pankower Anwohner, die unter der Lärmschleppe leiden.

Die Pankower Bezirksverordneten finden, dass endlich was zum Schutz der Pankower passieren muss. Denn auch die Zahl der Flugbewegungen am Tage hat sich zwischen Januar 2018 und Januar 2019 um über 30 Prozent erhöht. SPD, Linke und CDU haben im Umweltausschuss der Bezirksverordnetenversammlung nun mehrheitlich gefordert, dass sich das Bezirksamt bei der Landesregierung „nachdrücklich und vehement dafür einsetzt, dass für alle Haushalte, die durch den Fluglärm … betroffen sind, unverzüglich Lärmschutzmaßnahmen vorgenommen werden.“ Mit welchen Maßnahmen das gehen soll, wissen die Verordneten auch: „Dazu gehören die Reduzierung von Flügen in Ruhezeiten und eine strikte und effiziente Einhaltung des Nachtflugverbots. Wenn diese Instrumente erfolglos bleiben, sind bauliche Schallschutzmaßnahmen vorzunehmen.“

Die Grünen in der BVV Pankow haben den Beschluss übrigens nicht mitgezeichnet, obwohl der Schutz vor Fluglärm und die Reduzierung der Nachtflüge doch ein „knallgrünes Thema“ ist, wie die Fraktionsvorsitzende Cordelia Koch sagt. Dafür habe man sich vielfach eingesetzt. Der gemeinsame Antrag von SPD, CDU und Linken im Ausschuss, der noch von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen werden muss, sei allerdings „sinnfrei“, so Koch. Schließlich hätten die drei Parteien durch ihre Regierungsbeteiligung auf Landesebene seit langem Gelegenheit gehabt, Lärmschutzmaßnahmen anzuordnen. Die Grünen hätten neben der Reduzierung der Flüge auch noch einen anderen Fokus, sagt Cordelia Koch. Sie plädiert für die Einrichtung eines Ausgleichsfonds für betroffene Anwohner, wie er in unterschiedlicher Weise in Amsterdam, Zürich und auch München existiert. Nach ihrer Vorstellung sollte jeder Fluggast mit seinem Ticket bei Flügen am Tage 20 Cent, und in der Nacht 60 Cent in den Fonds zahlen. Mit dem eingenommenen Geld könnten dann gesundheitsfördernde Maßnahmen finanziert werden, sagt die bündnisgrüne BVV-Fraktionsvorsitzende.